Projekt 
Struktur » Historie
» Komplementäre Spektren
» Prinzip der Fragmentierung
» Prinzip der Restituierung
» Serialität und Bildgestalt


Ein Großteil der in der » Ausstellung realisierten Lichtobjekte wies eine aufeinander abgestimmte Struktur auf, die als seriell anzusprechen ist. Genauer gesagt waren es 14 Lichtobjekte, welche seriell konfiguriert wurden (Abb. 1) und die mit den Titeln „Passages (Durchgänge)“ und „Fade-Overs (Überblendungen)“ versehen waren.


Abb. 1 Gesamtansicht der 14 seriell konfigurierten Lichtobjekte (links 5, rechts 5 und in der Mitte 4)

Sie bildeten den Kern der » Ausstellung, den Kern des » Projekts (Abb. 2), um den sich noch einige weitere Lichtobjekte gruppierten. Jedes dieser 14 Objekte bestand aus einem oder zwei Diaprojektoren, einem Wasserprisma und einer Auffangschablone. Die Durchschnittslänge jedes dieser Objekte betrug 10 Meter, wobei vom Prisma bis zur Auffang-schablone eine Distanz von ca. 3,5 Meter bestand.


Abb. 2 Aufbauskizze große Räume

Technisch betrachtet sind die Auffangschablonen  Auffangschirme, in die Öffnungen von genau bestimmter Gestalt und Größe [nach den Farbverläufen der Spektren] eingearbeitet wurden. Die Öffnungen blieben je nach Art des Objekts frei (unausgefüllt) oder wurden mit transparenten Flächen (satiniertem Plexiglas) versehen. Das Besondere an diesen Schablonen (sozusagen ihre technische Innovation): Sie bilden eine mehrfache Spalt- und Stegvorrichtung, mit dessen
Hilfe spektralfarbiges Licht vielfältig und gleichzeitig ausgesondert wie zurückbehalten werden kann.

Künstlerisch formuliert bezeichnen sie Bildträger, auf die spektralfarbiges Licht [wie sonst Stofffarbe] „aufgetragen" (aufge-worfen) wird. Im künstlerischen Objektgefüge bildet aber ihre Vorderseite als primäre Projektionsfläche nicht den allein beherrschenden Duktus. Das unterscheidet die künstlerische schon deutlich von der experimentellen Anordnung. Die Vorderseite als Auffangschirm ist eben nur eine Seite des ganzen, obgleich flachen Gebildes (von 3 bis 12 mm). Die Innenkanten der Öffnungen sind als Bildträger ebenso relevant. Von der Seite und von hinten reflektieren die Innenkanten
der Öffnungen farbiges Licht (Abb. 3) und leuchten wie kleine Farbfenster;  von der Seite und einem bestimmten Winkel
aus, rücken auch die Farben der Spektren (auch ohne Prisma) zusammen (Abb. 4). Dies ist ein Effekt, der sich aus der Verkleinerung des Sichtwinkels zu den Auffangschirmen ergibt und die farbigen Abschnitte der Spektren für das Auge zusammenschiebt. Sie leiten dazu an, aus verschiedenen Raumpositionen das Gefüge zu betrachten und die sich dabei ereignenden Veränderungen in den Blick zu nehmen. In diesem Sinne werden sie als dreidimensionale Bildträger begriffen, die räumlich zu figurierende Blicke richten.

   Abb. 3 lichtgefärbte Innenkanten der Schablonen    Abb. 4 links (im Spiegel) dieselben Spektren wie rechts, aber                     zusammengezogen

Auf der anderen Seite sind sie Teil eines skulpturalen Bildungsvorgangs. Da mit ihnen bestimmte Abschnitte des spektralen Lichtes „herausgeschlagen“ oder herausgeschnitten werden, übernehmen sie die Funktion eines Messers, einer Lichtschere oder eines Lichtmeissels. Die Lichtobjekte erhalten durch diese Bedeutung der Auffangschablonen den Charakter von Lichtskulpturen. Im Begriff der Skulptur werden Teile aus einem Block herausgeschlagen, um ihm eine bestimmte Form zu verleihen. Dies differenziert die Skulptur von der Plastik. Im Begriff der Plastik werden Teile zu Teilen gefügt, aneinander-geheftet und zu einer einheitlichen Form verarbeitet (plastiziert). Der skulpturale Vorgang ist subtraktiv, der plastische additiv. Da bei einigen der Lichtobjekte auch weißes Licht zu den bestehenden spektralen Lichtern hinzugefügt wird und dies ebenfalls mittels speziell dafür eingerichteter Schablonen (mit eingefügten Transparentgläsern) geschieht, sind die Schablonen auch Teil eines plastischen Bildungsvorganges. Hier übernehmen die transparenten Teile der Schablonen die Funktion der Anhaftung, sozusagen Licht an Licht zu heften, ähnlich wie man ein Material an das andere heftet und fügt. Indem Teile des spektralfarbigen Lichtes mit weißem Licht überblendet wird, wird Licht zu den bestehenden Lichtern hinzugefügt. Daraus verdeutlicht sich ein Wechsel im Bildungsvorgang, den man als skulptural versus plastisch bezeichnen kann.


Abb. 5 ursprüngliche Konzeption. Zeile 1: Aufbauschema, Zeile 2: Fragmentierung der Spektren, Zeile 3: Erscheinung der Spektren und ihrer Fragmentierung durchs Prisma

In der ursprünglichen Konzeption des Projekts (siehe Abb. 5), war die serielle Struktur streng konzipiert: Am äußersten
Rand fanden sich die in sich ungebrochen verlaufenden Komplementärspektren (links das Newtonspektrum, rechts das Goethespektrum), die nach innen zur Mitte hin fortschreitend untergliedert oder fragmentiert wurden (Abb. 6).


Abb. 6 - Zeile 2 aus Abb. 5, Schema der Spektren und ihrer Fragmentierung in der ursprünglichen Konzeption

Die Struktur der Auffangschablonen für diese Konzeption hätte folgendes Aussehen haben müssen (Abb. 7).


Abb. 7 Struktur der Auffangschablonen. Schwarz = Durchgänge. Weiß = Überblendungen. Grau = Auffangschirm.

Durch die veränderte Raumsituation oder, durch die zur Verfügung gestellten Räume an der Humboldt-Universität, wurden
die Schablonen nach folgenden 17 Gliederungsmustern erstellt (Abb. 8).

                 
Abb. 8 Serielle Struktur der Auffangschablonen. Foto aus der Ausstellung      Abb. 9 Verlaufsform der Spektren


[Nummer 18 ganz rechts unten in Abb. 8 (herausgestellt in Abb. 9.) zeigt die Verlaufsform der Spektren in Relation zu einem geraden Raster, nach der die Schablonen erstellt wurden.] Dies ergab eine viel freiere und weniger streng konzipierte
serielle Struktur, in der auch erweiterte malerische Gesichtspunkte Platz greifen konnten. Es wurde möglich, die farbigen Abschnitte auch nach Empfindungskriterien zu ordnen und in ein rhythmisches Gefüge zu betten. Teile der ausgesonderten Farben wurden sogar über Spiegel an weitere Wände geworfen (siehe Abb. 10) und zeigten dort farbig rhythmisierte Lichtfelder, die eine selbständige Funktion im Raum wie in einem dreidimensionalen Lichtgemälde übernehmen konnten


Abb. 10 rhythmisierte Lichtfelder an der Wand

Von diesen 17 Strukturen zur Fragmentierung (Abb. 8) kamen 14 raumbedingt zum Einsatz. Jedes dieser Schablonenmuster offenbart im konkreten lichtexperimentellen Vollzug prismatischer Erscheinungen eine bestimmte Farbkombinatorik, die zudem noch eine gewisse Variabilität offen ließ. Durch leichtes hin und her Schwenken der Projektoren, konnten die Spektren den Ort auf den Schablonen wechseln und zeigten im Blick durch das Prisma plötzlich ganz neue Farbsituationen. Dies bildete einen interaktiven Teil der Lichtinstallation. (Abb. 11)


Abb. 11 links: Blick durch das Prisma auf die beiden fragmentierten Spektren rechts. Unten mit leichtem Schwenk eines   Projektors.


Komplementäre Spektren                                                                                                                                                                       top 

Die wesentlichen Bestandteile der Objekte wurden bereits aufgezählt. Was in diesem Zusammenhang keinesfalls fehlen darf, sind die feinmechanisch hergestellten Spalt- und Stegdia (siehe Abb. 12 und 13), welche in die Diavorrichtung des Diaprojektors eingeschoben wurden.

      
Abb. 12 Spaltdia (Eisen 5 x 5 cm, Spaltbreite 0,21 mm)                       
Abb. 13 Stegdia (Eisen 5 x 5 cm, Stegbreite 0,21 mm)       
[Entwurf: Ingo Nussbaumer. Feinmechanische Ausfertigung Moritz Foessl, Wolfgang Gratzl]

Auch sie sind Konstituenten der  Lichtobjekte, obgleich sie unsichtbar für die Augen im Projektor stecken. Sobald der Projektor eingeschaltet wird, entwerfen diese an einem Auffangschirm das Bild eines Lichtspaltes bzw. eines Schattensteges. [Abb. 14, Abb. 15]

      
Abb. 14  Spaltbild (Projektionsbild des Lichtspalts)                               
Abb. 15  Stegbild (Projektionsbild des Schattenstegs)

Sie entwerfen inverse Bilder (Positivbild und Negativbild) nach der polaren Struktur: Licht innen – Schatten außen / Schatten innen – Licht außen.  Stellt man in den Weg des Lichtes ein Prisma, so wird das Licht seitlich abgelenkt und zeigt an der Stelle des Lichtspalts (genauer gesagt an der Stelle des Projektionsbildes von einem Lichtspalt) ein in die Breite gezogenes mehrfarbiges Bild, ein sogenanntes Regenbogenspektrum, das man auch Newtonspektrum (Abb. 16) nennt. Dabei wurde die Größe des Spaltes [0,21 mm] so gewählt, dass im Wesentlichen nur drei Farben [im kontinuierlichen Übergang] sichtbar waren: Rot, Grün und Blau.

An der Stelle des Schattenstegs zeigt sich ebenfalls ein in die Breite gezogenes farbiges Bild, im Wesentlichen mit den Farben Türkis (Cyan), Magenta (Purpur) und Gelb. Ein solches farbgefächertes Bild nennt man auch ein umgekehrtes Spektrum oder Goethespektrum (Abb. 17). Es zeigt die exakten Komplementärfarben zum normalen Spektrum oder Newtonspektrum, ebenfalls im kontinuierlichen Übergang. Das Newtonspektrum findet sich in lichtlose Dunkelheit, das Goethespektrum in lichtvolle Helligkeit gebettet. Einfacher ausgedrückt sind sie nach ihrem typischen Merkmal Schatten
oder Licht gebettet .

      
Abb. 16 Newtonspektrum                Abb. 17 Goethespektrum

An diesen Spektren bzw. an ihrer Breite, ihren Farben und ihrem Verlauf orientieren sich die Öffnungen in den Auffang-schablonen (siehe Muster der Auffangschablonen Abb. 8 und Abb. 9), da eben durch diese die Spektren fragmentiert werden. Der polaren Ausgangsstruktur: Licht innen – Schatten außen / Schatten innen – Licht außen im Projektionsbild bzw. Positiv- und Negativbild folgen im Bildungsvorgang via Prismen farbkomplementäre Spektren, die entsprechend Schatten oder Licht gebettet sind (Abb. 16 und 17). Das Newtonspektrum erscheint stets in einem dunklen, das Goethespektrum stets in einem hellen Feld.


Prinzip der Fragmentierung                                                                                                                                                                     top

Die Funktion der Auffangschablonen im Kontext der Lichtobjekte läßt sich wie folgt charakterisieren: Ihre  Aufgabe besteht in der Fragmentierung spektraler Lichterscheinungen. Dabei kann die Fragmentierung auf zweifache Art erfolgen: 1. Regulär oder normal und 2. Irregulär oder invers. Regulär, wenn Teile des farbigen Lichtes hindurchgelassen werden und in den dahinterliegenden  Raum entschwinden, irregulär, wenn Teile des farbigen Lichtes überblendet und in weißes Licht (für das Auge) unmerklich integriert werden.

Der polaren Struktur im Ausgangsbild: Licht innen – Schatten außen / Schatten innen – Licht außen und den im experimen-tellen Erstellungsvorgang sich einstellenden komplementären Spektren folgt dann der Gegensatz von  Farbdurchlass und   Farbüberblendung, welcher mit skulptural versus plastisch bereits konnotiert wurde. Daraus deutet sich die Logik der Struktur  bzw.  das Aufbauprinzip der seriellen Objektstruktur an.

Entsprechend erhielten in der Ausstellung die Objekte, bei denen eine Fragmentierung des Newtonspektrums erfolgte, den Namen „Durchgänge – Passages“, bei denen eine Fragmentierung des Goethespektrums erfolgte, den Namen „Überblendungen – Fade-Overs“.

Bei der normalen Fragmentierung spektralfarbigen Lichtes (sozusagen im skulpturalen Vorgang), verschwinden Teile des Newtonspektrums (über die Öffnungen oder Lücken der  Schablonen) in den dahinterliegenden Raum. Sie verschwinden sozusagen in die Finsternis [entsprechend ihrer Schattenbettung]. Sie können dort an einem weiteren Schirm oder – wie in der Ausstellung – an der Wand sichtbar bzw. aufgefangen werden (Abb. 18 und Abb. 19). Der zurückbleibende Rest (das spektrale Farbfragment) an der Auffangschablone (Abb. 20) wird dann durch dasselbe Prisma, mit dem auch das Licht in seine Spektralfarben aufgefächert wurde, in Augenschein genommen und zeigt dann eine Farblichtbündelung (Abb. 21 links).


Abb. 18, Abb. 19 ausgesonderte Farben via Auffangschablonen an der Wand

  
Abb. 20 Farbfragment (links unten im Vordergrund), ausgesonderte Farben rechts oben im Hintergrund                                
Abb. 21 Farblichtbündelung (links) des Farbfragments (rechts)    Abb. 22 in der Gesamtsituation (Detailansicht)

Bei der inversen Fragmentierung spektralfarbigen Lichtes (sozusagen im plastischen Vorgang), werden dagegen Teile des Goethespektrums überblendet (Abb. 23). Sie verschwinden in weißes Licht [entsprechend ihrer Lichtbettung].


Abb. 23 links: partiell überblendetes Goethespektrum, Mitte: Schablone - beleuchtet von hinten, rechts: Farblichtbündelung

Dies ist nur möglich, wenn in die Schablonen ein Transparentschirm eingearbeitet ist, der von hinten mit Hilfe eines zweiten Projektors beleuchtet wird (Abb. 23 Mitte), so dass von vorne (Abb. 23 links) an dieser Stelle eine bestimmte Farbe des Spektrums für das Auge verschwindet, sich gleichsam in das weiße Licht unmerklich integriert. Im Blick durch dasselbe (Spektrum entwerfende) Prisma  tritt wieder eine Bündelung zutage (Abb. 23 rechts), sozusagen eine Rückformulierung zum Ausgangsbild. Da aber auch hier ein farbiger Abschnitt des Spektralbildes fehlt, erscheint in der prismatischen Restituierung nicht mehr das Bild eines (schwarzen) Schattensteges, sondern das scharfe Bild eines einheitlich wirkenden bunten Farblichts. An die Stelle  des farblosen Schattenbildes hat sich ein farbiges Licht gesetzt. [So erscheint im Beispiel von
Abb. 23 rechts ein grünes Farblicht, welches den schwarzen Schattensteg untergliedert und rhythmisiert. Es rührt aus der Überblendung von Magenta im Goethespektrum, Abb. 23 links.]


Prinzip der Restituierung und Gegenbildung                                                                                                                                      top 

Um den Zusammenhang wie Aufbau, m. a. W. die Logik der Struktur der Lichtobjekte erfassen zu können, ist noch auf die Rolle des Prismas einzugehen. Die Prismen der Lichtobjekte wurden in einer solchen Größe realisiert, dass es möglich ist, sowohl Licht durch das Prisma zu schicken als auch gleichzeitig mit beiden Augen durch das Prisma zu blicken. Das ist ein wesentlicher Aspekt sowohl im technischen (rein experimentellen) als auch künstlerischen Vorgang. Damit übernehmen die Prismen eine doppelte Funktion im bildgenerierenden Zusammenhang:

1.   Funktion der Farbzerstreuung. Ein Spektrum (am Auffangschirm) zu entwerfen, in dem Licht in einer exakt festgelegten Bildformation (via Spaltdia bzw. Stegdia) durch das Prisma fällt, dabei an den brechenden Flächen abgelenkt wird und am Auffangschirm schließlich ein einseitig in die Breite gezogenes mehrfarbiges Bild
(eben das Spektrum) ergibt
2.   Funktion der Farbbündelung. Ein scharfes (Farb-)Bild zu erhalten, indem das via Auffangschablone
fragmentierte Spektrum durch das Prisma in Augenschein genommen wird

Vorwärts und rückwärts werden durch ein Prisma verschiedene, aber streng auf einander bezogene Bilder erzeugt: prismatische  Gegenbilder, die man auch chromatische Streu- und Sammelbilder nennen kann. Das prismatische Gegenbild zu einem Newtonspektrum ist das Bild eines weißen Lichtspalts (wie aus » Abb. 21 oberhalb und unterhalb der rhythmisierten Farbgeraden erkennbar); das prismatische Gegenbild zu einem Goethespektrum ist das Bild eines schwarzen Schattenstegs (wie aus » Abb. 23 erkennbar). Dies ist übrigens nur dadurch möglich, daß die Ablenkrichtung sich durch den Rückfluss des Lichtes am Prisma umkehrt: Wird das Licht beispielsweise durch das Prisma nach rechts abgelenkt, so wird es beim Zurückfließen durch das Prisma nach links abgelenkt (Abb. 24).



Abb. 24 Umkehr der Ablenkrichtung, Flussrichtung des Lichts gekennzeichnet durch Pfeile

Die Beurteilung der Ablenkrichtung ergibt sich aus der Flussrichtung des Lichts. Wird das Bild zunächst nach rechts verbreitert (farbig zerstreut), so wird es im Umkehrvorgang – nun vom Standpunkt des Betrachters aus – nach links verengt (farbig gebündelt). Die Art, wie die Teile der Lichtobjekte installiert wurden, erlaubte es, das chromatische Streu- wie Sammelbild mehr oder weniger gleichzeitig in den Blick zu nehmen: Man blickt am Prisma vorbei und auf das Streubild, man blickt durch das Prisma, aber dann auf das Sammelbild. Man hat seine Position dabei nicht verändert. Dies erlaubt einen optimalen Vergleich beider Erscheinungsbilder.

Im wesentlichen lässt sich daraus die Bildungsabfolge der seriell konfigurierten Lichtobjekte charakterisieren:

Der polaren Struktur in den Projektionsbildern: Licht innen – Schatten außen (= Positivbild) / Schatten innen – Licht außen (=Negativbild) folgen die komplementären Spektren (normales und umgekehrtes Dispersionsbild) im Durchgang durch
das Prisma ihrer [mittels Spalt- und Stegdia] geformten Lichter.
Sie verdeutlichen die dabei eintretende Farbzerstreuung,
welche einen Part im polar strukturierten Bildungsvorgang darstellen. Aus den komplementären Spektren werden via Auffangschablonen wiederum in einem polaren Prozess, sozusagen in einem
skulpturalen und plastischen Vorgang,
Teile der Spektren normal und invers ausgesondert und andere Teile dabei zurückbehalten. Die zurückbleibenden Teile verdeutlichen sich auf den Auffangschablonen als fragmentierte Spektren bzw. als spektrale Farbfragmente


     
Abb. 25, Abb. 26 spektrale Farbfragmente, links durch Farbdurchlass, rechts durch Farbüberblendung

Dabei kommt der erwähnte Gegensatz von Farbdurchlass und Farbüberblendung (als zwei Typen der Fragmentierung) zum Einsatz, welcher im Bildungsvorgang eben mit den Ausdrücken „skulptural“ und „plastisch“ konnotiert wurde. Dieser Gegensatz wird mit dem der Farbzerstreuung gekoppelt und bildet nach dem Muster von Farbzerstreuung – Farbdurchlass / Farbzerstreuung – Farbüberblendung wiederum eine erneute polare Ausgangssituation für eine prismatische Bildrestituierung, die sich im Gegenpart zur Farbzerstreuung als  Farbbündelung zum Ausdruck bringt (Abb. 27, Abb. 28).

     
Abb. 27, Abb. 28 Farbbündelungen via Primsa

Wie der Lichthinfluss mit der Farbzerstreuung via Prisma gekoppelt wird, so wird der (teils fragmentierte) Lichtrückfluss mit
der
Farbbündelung via Prisma gekoppelt und zeigt damit das durch die Fragmentation der Spektren veränderte Farbbild als scharfes Bild auf der nächsten Betrachtungsebene. Das serielle Projekt kennzeichnet sich damit aus einer Reihe von klar strukturierten Koppelungen, die auf einander folgend und einander abwechselnd ein prozessual nachvollziehbares Bildgefüge bilden, m. a. W. ein prozessual lesbares Gefüge darstellen.

Das Prinzip der Restituierung (Wiederherstellung) wird am deutlichsten, wenn von aller Fragmentierung der Spektren
(durch die Auffangschablonen) abgesehen wird. Wirft man das Bild eines Lichtspalts via Spaltdia und Projektor auf einen Auffangschirm, so zeigt sich eben ein Lichtspalt umgeben von Finsternis (» Abb. 14). Positioniert man mit entsprechender Ausrichtung ein Prisma vor den Projektor, so wird das Licht (das durch den Spalt fließt) abgelenkt und aufgefächert und es  erscheint ein Regenbogenspektrum (Abb. 16). Im Blick aber durch dasselbe Prisma und in dieselbe Richtung wie das
Licht in das Prisma fällt, zeigt sich dem Auge wiederum das weiße Spaltbild bzw. der Lichtspalt, wie er auch ohne Prisma
am Auffangschirm als Projektion zu sehen wäre. Das spektrale Bild (das Regenbogenspektrum) hat sich im Blick durch
das Prisma wieder zum Spaltbild zurückformuliert, m. a. W. wiederhergestellt oder restituiert. Es erscheint durch das
Prisma so, als wäre es farbig nie zerstreut worden. Vergleichbares gilt auch für das Stegbild. Nimmt man nun eine Farbe
aus dem Spektrum heraus, so zeigt sich im Blick durch das Prisma kein weißer Lichtspalt (bzw. kein schwarzer Schatten-steg) mehr, sondern ein farbiger Spalt (bzw. Steg). Die Restituierung (des weißen Ausgangsbildes) ist folge dem unvollständig, aber hinsichtlich der Generierung eines Farbbildes effektiv, d.h. auch farbproduktiv. [Die Restituierung wird sozusagen farbproduktiv, wenn aus dem Spektrum ein farbiger Abschnitt weggenommen, d.h. auch normal oder invers ausgesondert wird.]

Auf diesem produktiven Prinzip der unvollständigen Restituierung bauen die Lichtobjekte auf. Sie setzen die Erzeugung prismatischer Gegenbilder voraus, die auf dem Prinzip gekoppelter Versuche basiert. Bei gekoppelten Versuchen [wie sie
in der Ausstellung zu sehen waren] folgen nicht bloß Versuche aufeinander, sondern werden zwei verschiedene Versuche (oder zwei Typen von Versuchen)1 ineinander figuriert und zu einem Vorgang der Betrachtung ausformuliert. Was aus solchen gekoppelten Versuchen hervorgeht sind Optimalfarben, nicht aber als Körperfarben (wie dies gewöhnlich per definitionem geschieht: Optimalfarben sind Körperfarben, Pigmente von höchster Leuchtkraft), sondern als Lichtfarben. Die Farbbünde-lung bewirkt eine unverkennbare Brillanz der Farben, welche die Brillanz der Farben in den Spektren übersteigt.

Aus künstlerischer Sicht ist das Wasserprisma nicht bloß ein zweckgebundenes Instrument der optischen Physik, dem eine genau bestimmte und technisch eindeutige Rolle zufällt. Als ein Hohlkörper aus Glas, in dem sich Wasser befindet, d.h. ein ausgesprochen homogenes und durchsichtiges Medium, wirkt es schlicht und klar. Es erscheint als dreidimensionales Objekt von spezifischer Ausprägung. Wasser verdampft und kondensiert und tropft vom Glasverschluss an der Decke wieder herab. Es ist nicht bis ganz oben hin angefüllt, sondern beläßt einen Luftraum als Spielraum in gewisser Proportion, nicht nur, um die Flüchtigkeit des Elementes zu betonen. Es lenkt die Aufmerksamkeit auf sein Gebilde als Geformtes und Gebildetes, vor allem, wenn es von bestimmter, noch immer gut handhabbarer  Größe ist, weder zu klein, wie ein scheinbares Gerät, mit dem man meist unbeholfen probiert oder wie ein Schmuckgegenstand, um angefasst und weggenommen zu werden; noch zu groß, um monumental und übertrieben zu wirken, unbeweglich und fixiert. Von bestimmter Größe wirkt es beweglich und stabil, als eine leichte, schimmernde Skulptur, die sich in den umliegenden Raum integriert, ihn stört und beläßt, auf ihn aufmerksam macht und ihn für das Auge modifiziert. Verändernd hindurchblicken können ist ein Aspekt. Es ist im Raum konstelliert und dazu noch in einen Bildungsvorgang eingebunden. So ist es auch als Wirkung (im wahrnehmbaren Objektgefüge) konzipiert. Zudem ist es noch ein erweitertes Gerät der Malerei, ein „Lichtpinsel“, mit dem Farben als Lichter verschieden und vielfältig aufgeworfen, aufgetragen werden können, eben wenn Licht durch seinen Körper fließt und an ihm gebrochen wird, sich sichtbar in Farben fächert. Farben zeigen sich dann als geordnete Brechungen am Licht, um in der Folge dann wiederum neu zusammengesetzt, d.h. neu geordnet werden zu können, was eben wiederum mittels Prisma geschieht. Das Prisma in diesem Sinn ist ein Instrument zur Handhabung und Gestaltung von Lichtfarben.

Mit ihm wird ein chromatischer Vorgang in Gang gebracht, mittels dem sich Bilder generieren lassen, die aber in der Art ihrer Figuration über die experimentaltheoretischen Aspekte hinausgehen. Es wird eben nicht bloß theoriegebunden eingesetzt, sondern erlaubt eine freie Variation, einen spielerischen Umgang, eine selbständige Figuration. Auf diese Aspekte kam es mir unter anderem an. Wissenschaftstechnische Aspekte bildeten dabei nur ein Set im ganzen Zusammenhang. So wird es
in seiner Funktion künstlerisch modifiziert und aus seinem bloß technischen Kontext befreit. Es wird, um es andersherum zu sagen, zu einer po(i)etischen Figur in der Projektstruktur.


Serialität und Bildgestalt                                                                                                                                                                           top 

                                               - Die beiden Hauptgruppen

                                               - Die beiden Leitfiguren
                                               - Die beiden Grundfiguren
                                               - Die drei Untergruppen
                                               - Die einzelnen Stäbe in ihrer Folge und Struktur:       Objektfolge #2 - #5
                                                                                                                                                Objektfolge #6 - #9            
                                                                                                                                                Objektfolge #11 - #14
                                                                                                                                                Zusammenfassung

Serialität bezeichne hier die Art des Verfahrens mit der die generierten Bilder (Stäbe) der Objekte zu einer Serie verknüpft wurden. Die Verfahrensart verdeutlicht sich nur indirekt an der Bildstruktur der Auffangschablonen, an der Gestalt und dem Verhältnis ihrer Öffnungen und Verschlüsse zueinander. Näher in Erscheinung  tritt sie erst im Prozess der spektralen Fragmentierung und Restituierung, an dem sie sich entfaltet und im Nach- und Nebeneinander der Objekte erfahrbare Gestalt annahm. Das grafische Konzept der seriellen Struktur der Auffangschablonen wurde oben bereits abgebildet
(» Abb. 8). Die Realisierung des Konzepts in die Objekte musste die Bedingungen der Räume berücksichtigen. Diese Bedingungen modifizierten partiell das Grundkonzept, wie es im grafischen Bild der Schablonen veranlagt wurde. Die Realisierung verlieh der Serie eine bestimmte Gestalt, ein bestimmtes Aussehen, eben jene serielle Bildgestalt, die im folgenden näher erläutert und verdeutlicht wird.


Die beiden Hauptgruppen                                                                                                                                                                     top 

Das Set der Objekte [Projektor, Dia, Prisma, Schablone] bildete den seriellen Grundbestand von immer gleichen Bausteinen, allerdings diversifiziert nach den Hauptgruppen, so dass sich von zwei Settypen sprechen lässt: [Settyp A:] ein Projektor, ein Spaltdia, ein Wasserprisma, eine Auffangschablone mit Öffnungen; [Settyp B:] zwei Projektoren, ein Stegdia, ein Lochdia, ein Wasserprisma, eine Auffangschablone mit Transparentglasverschluss der Öffnungen.  Im Einzelnen bestand die Serie aus 14 Lichtobjekten mit 19 Projektoren, 14 Wasserprismen, 9 Spaltblenden, 5 Stegblenden, 5 Lochblenden, 14 Auffang-schablonen, 13 Tischen unterschiedlicher Größe (Länge und Breite). Sie wurde in 2 Hauptgruppen Passages und Fade-Overs unterteilt, deren Kennzeichen die spezifische Fragmentierung komplementärer Spektren (Newton- und Goethe-Spektren) darstellte, die zu chromatisch gegliederten Licht- und Schattenstäben gebündelt wurden (Abb. 29, Abb. 30). Anders formuliert: ähnliche Objekte befanden sich in einem „Newtonraum“ und „Goetheraum“, in denen jeweils von Newton- oder Goethespektren (normalen oder umgekehrten Spektren) als Basisphänomenen ausgegangen wurde, die in einen Prozess der Bildfragmentierung und Bildrestituierung gelangten.

 
Abb. 29 Gruppe der Passages #1 - #9: Serie der Lichtstäbe


Abb. 30 Gruppe der Fade-Overs #10 - #14: Serie der Schattenstäbe


Die beiden Leitfiguren                                                                                                                                                             back      top 

Die beiden Leitfiguren der Serie verkörperten jene Licht- und Schattenstäbe, welche eine vollständige Reihe von Farben ohne Wiederholung enthielten (Abb. 31).


Abb. 31 Licht- und Schattenstab der Objekte #1 und #10

Die beiden Hauptgruppen bildeten zwar im einzelnen ihrer Stäbe keine unmittelbar aufeinander bezogene komplementäre Farbstruktur (exakte Inversion), wohl aber in ihrer prozessualen Gesamtstruktur bzw. in ihrem prozessualen Ganzen (von Fragmentierung und Restituierung), mit einer Ausnahme: ihren Anfangsbildern Stab #1 und Stab #10, die auch piktoral eine unmittelbar aufeinander bezogene komplementäre, obgleich spiegelbildliche Anordnung (Doppelinversion) der Farben zeigten (Abb. 32).


Abb. 32 farbkomplementäre Anordnung von #1 und #10 im Spiegelbild

Diese beiden Objekte, in deren Sammelbildern oder Stäben (Abb. 31) sich alle primären Farben: Rot (R), Grün (G), Blau (B), Gelb (Y), Purpur oder Magenta (M), Türkis oder Cyan (C), Weiß (W) oder Schwarz (S) in einer Reihe ohne Wiederholung bunter Werte fanden, trugen selbständige Namen: Hollows in Newton’s Garden und Blossoms in Goethe’s Apple Tree und hoben sich von den übrigen Stäben schon dadurch ab, dass sich in diesen stets Wiederholungen bunter Werte fanden. [Detaillierter beschrieben werden beide Objekte in: Müller, Olaf:  Farbspektrale Kontrapunkte, siehe » Texte]

Sie banden die Objektgruppen auf mindestens 2 Ebenen zusammen:

  1. Auf der Ebene räumlicher Koordination. So war das erste Objekt (Hollows in Newton’s Garden, Objekt #1) zwischen der ersten und zweiten Untergruppe positioniert und leitete damit von der ersten zur zweiten Gruppe über. In seiner räumliche Ausrichtung (Schrägstellung) nahm es eine Sonderstellung ein. Das zweite Objekt (Blossoms in Goethe’s Apple Tree, Objekt #11) fügte sich in die räumliche Ordnung der dritten Untergruppe, fiel aber wegen der Art ihrer Fragmentierung durch kleinere Fenster erkennbar aus der Reihe. Die Gruppe der Fade-Overs war in zwei aufeinander-folgenden Zeilen von 2 und 3 Objekten realisiert, die im räumlichen Gefüge ineinander „steckten“ [siehe Aufbauskizze» Abb. 2 oder Anordnungsstruktur  » Abb. 4» Ausstellung)]. Davon bekleidete das Objekt #10 die 1. Position in der ersten Zeile, das am nächsten zur Objektgruppe der Passages stand. Es leitete aus seiner Position in die dritte Untergruppe über.  

  2. Auf der Ebene der Bildkoordination. Beide Objekte zeigen in ihren Sammelbildern alle primären Farben oder alle uns bekannten Hauptfarben, ohne auf deren mögliche Nuancierungen oder Schattierungen, m. a. W. auf eine noch größere mögliche Anzahl (durch Abtönung mittels größenvariierter Öffnungen in den Schablonen) Rücksicht zu nehmen. Durch diese Besonderheit nahmen sie im Ganzen der beiden Hauptgruppen eine Sonderstellung ein. Sie stellten sich, was eben ihre Anzahl diverser Farben anbelangt, über diese. Indem sie über diesen standen, konnten sie Leitbilder für die maximal auslotbare Menge an Farben abgeben. Indem sich in ihrer Reihe von Farben auch keine Wiederholungen von Farben fanden, konnten sie die Anzahl der Felder bestimmen, in denen sich Wiederholung und Wechsel der Farben bei den übrigen Stäben abspielte. Sie intendierten zu zeigen, dass sowohl im lichtskulpturalen wie lichtplastischen Vorgang alle Hauptfarben sich aus je drei Spektralfarben: Rot, Grün, Blau [den Farben des Newtonspektrums] bzw. Cyan (Türkis), Magenta (Purpur, Pink), Gelb [den Farben des Goethespektrums] zur phäno-menologischen Deutlichkeit bringen können. In diesem Sinne präsentierten sie je eine vollständige Reihe ihrer möglichen Glieder und führten diese Möglichkeit auf einmal der Betrachtung vor.

Ihre Sonderstellung gründet sich primär auf dem Umstand, dass sie eine vollständige Farbenreihe bündig realisierten.  Alle anderen Objekte realisierten eine unvollständige Farbenreihe mit spielerischen Wiederholungen einzelner Farbwerte. Darin drückt sich ein piktoraler Gegensatz aus, eine Bildkontrastierung. Die beiden Leitfiguren subordinierten alle übrigen Figuren (Licht- und Schattenstäbe) ihrem vor Augen gebrachten Begriff. Deshalb findet man sie auch allen übrigen Objekten der Serie als quasi erfahrbare Leitsysteme vorangestellt. Jede vollständige Farbenreihe (oder jede der beiden Leitfiguren) repräsen-tierte im Komplex ihrer phänomenologischen Verdeutlichung ein eigenes Farbsystem, die einander gegenübergestellt eine Inversion zum Ausdruck bringen. In jedem der beiden Farbsysteme lassen sich auf der Basis von je drei Farben (oder spektralen Grundbereichen) alle übrigen Farben experimentell verdeutlichen (d.h. auch herleiten).


Die beiden Grundfiguren                                                                                                                                                        back       top 

Weißer Lichtstab
und schwarzer Schattenstab bilden die beiden (komplementären) Grundfiguren der Lichtinstallation (Abb. 33).  Sie wurden als selbständige Objekte nicht realisiert, sondern waren bloß mittelbar in allen Objekten enthalten. Sie waren imaginär präsent oder wurden vorstellbar, sofern man von der spezifischen Fragmentierung der Spektren absah. Die Grund-figuren bilden sich aus der vollständigen  Restituierung des Newton- und Goethespektrums im Blick durch die großen Wasserprismen und stellen damit die wiederhergestellten Einheiten der spektralen Mannigfaltigkeiten des Newton- und Goethespektrums (Abb. 34) vor.


Abb. 33 weißer Lichtstab und schwarzer Schattenstab


Abb. 34 Newtonspektrum und Goethespektrum

Sie zeigen, dass die spektralen Mannigfaltigkeiten des Newton- oder Goethespektrums keine Farbtotalitäten darstellen. Beiden Spektren ist je ein Mangel eigen. Ihnen fehlen bestimmte Farben [wie das Magenta dem Newtonspektrum] oder: in ihnen sind einige Farben kaum oder unzureichend ausgebildet [wie Cyan zwischen Grün und Blau; Gelb zwischen Rot und Grün im Newtonspektrum]. In diesem Sinne ergänzen sich zunächst beide Spektren zur uns bekannten Farbtotalität (Abb. 35) und stellen auch exakte komplementäre Farbwerte (im kontinuierlichen Übergang ihrer Erscheinungsstruktur) einander gegenüber.


Abb. 35 Schema der spektralen Farbtotalität; hier als einzelne Töne und nicht als Bereiche mit tonalen Übergängen dargestellt

Trotzdem haftet ihnen weiterhin ein Mangel an, der sich wie folgt kurz bezeichnen lässt: Das Gelb des Goethespektrums zeigt sich nicht in voller Sättigungsstufe wie etwa das Gelb des Kantenspektrums; desgleichen zeigt sich auch nicht das Blau des Newtonspektrums mit voller Leuchtkraft, wogegen es im Kantenspektrum eine unverkennbar höhere Brillanz aufweist; und ebenso lässt sich sagen, dass auch Magenta im Goethespektrum keinen vollen Sättigungsgrad zum Ausdruck bringt. Purpur oder Magenta erreicht seine volle Sättigungsstufe ausschliesslich in einem umgekehrten Spektrum, dessen Steg breiter als der in der Ausstellung benutze ist. [Zum Vergleich von Spektren aus verschiedenen Spalt- und Stegbreiten (» Abb.4) siehe auch » Historie]  Dieser (beiden Spektren anhaftende) Mangel lässt sich aber – so paradox es vielleicht klingen mag – via unvollständiger Bildrestituierung beheben: Indem Teile aus der Farbmannigfaltigkeit der Spektren ausgesondert werden, holt sich das Fehlende an Farben im Vereinigungsbild der spektralen Farbfragmente wieder ein. Das klingt beinahe wie eine wunderbare Farbvermehrung: Man nimmt etwas vom Ganzen der Erscheinungsmannigfaltigkeit weg und fügt (auf zweiter Ebene) damit dem Ganzen etwas hinzu. Damit verdeutlicht sich im Bildungsvorgang eine Struktur des Offensichtlichen (Aktuellen) und Möglichen (Potentiellen) und zudem  thematisiert sich das komplexe Feld von Grundfarben und Mischfarben oder von einfachen (simple colours) und zusammengesetzten Farben (compound colours). Neutraler wäre von der Farbbasis und den Farbfolgen der Spektren sprechen.

Ohne auf dieses komplexe Feld näher einzugehen, lässt sich auf den hier bezogenen experimentellen Zusammenhang folgendes Verhalten von Grundfarben konstatieren: 1. Sie fächern sich in keine weiteren Farben auf (Eigenschaft der Unzerlegbarkeit). 2. Sie zeigen unterschiedliche Brechungseigenschaften (Verrückungstendenzen) und lassen sich unter gleichen Bedingungen verschieden stark von ihrem Ort verschieben.  3. Sie lassen sich prismatisch ineinander führen und unter gegebenen Bedingungen deckungsgleich zusammenlegen. Darauf beruht unter anderem die Möglichkeit zu ihrer Mischung, die sich hier in einer Bündelung (im Sammelbild) zum Ausdruck bringt.


Die drei Untergruppen                                                                                                                                                             back      top 

Näher besehen bestand die Serie, in Absehung der beiden Objekte #1 und #10, aus 3 Gruppen zu je 4 Objekten, die man als statisch, dynamisch und frei bezeichnen könnte:

(1) Statisch
, da die erste Gruppe sich aus dem Entwurf von Bild zu Gegenbild zu einer Art von Ruhe führt (Abb. 36),


Abb. 36 Objektgruppe 1 (zu lesen von rechts nach links)

(2) dynamisch, da die zweite Gruppe sich von einer alle Stäbe durchdringenden dynamischen Form herleitet, welche die Reihe offen figuriert (Abb. 37),


Abb. 37 Objektgruppe 2 (zu lesen von links nach rechts)

(3) frei, da sich die dritte Gruppe im freien Spiel den beiden ersten Gruppen entgegenstellt, weder sich aus Bild zu Gegenbild zur Ruhe führt noch sich durch eine dynamische Form in Bewegung bringt, sondern einfach nur mit Entgegnung, Verweis und Antwort spielt (Abb. 38).


Abb. 38 Objektgruppe 3 (frei lesbar)

Näher lassen sich diese Merkmale der Seriengruppen wie folgt spezifizieren und erläutern:
 

Die einzelnen Stäbe in ihrer Folge und Struktur                                                                                                               back      top 

Objektfolge #2 - #5
  

          
Abb. 39 Lichtstab #2

(1) Abb. 39 zeigt Lichtstab #2, der von 4 gleich großen roten Feldern im gleichen Abstand ihrer Größe zueinander rhythmisch untergliedert wird. Er zeigt in seiner verschobenen Mitte ein Muster von 7 deckungsgleichen Feldern, die sich in den Stab führen und ihn seriell strukturieren, ihn mit Feldern gleicher Gestalt und Größe aufschliessen, ihn regelmäßig segmentieren. Die Segmentierung des Stabes erfolgt (nach den Leitfiguren) in einem Muster von 7 deckungsgleichen Feldern, wobei sich allerdings 3 dieser Felder zu Zwischenräumen, Intervallen, Lücken oder Pausen deklarieren, da sie sich mit dem weißen Licht des Stabes (mit der Grundfigur) optisch koordinieren bzw. optisch zur Deckung bringen. Der Eindruck einer optischen Pause bildet sich eben, da diese Felder sich qualitativ von der Grundfigur des Stabes nicht abheben, d.h. auch: sich mit dieser identifizieren. In diesem Sinne veräußern sie bunte Leerstellen [die noch aufzufüllen wären, siehe (2)]. Der Lichtstab formuliert den einfachen Gegensatz von bunt (hier: rot) und unbunt (hier: weiß), zeigt eine Struktur von 4 gleichen Farben mit regelmäßiger Unterbrechung ihrer Folge und verdeutlicht aus dem einfachen Gegensatz von bunt und unbunt, den Gegensatz von Ton und Pause (Buntton und Buntpause im Verhältnis von 4 : 3), wobei das Rot als beliebig erachtet werden könnte. Rot ist aber die erste Farbe des Spektrums und so auch die erste bunte Farbe, mit der die Serie der Stäbe beginnt.

Es ist keine Frage, allein aus dieser Beschreibung lässt sich eine große Anzahl an möglichen Fortsetzungen in einem nächsten Lichtstab denken und generieren. [Das leichte Schwenken des Projektors zeigt einige mögliche Varianten auf; siehe dazu unter » Ausstellung » Passages .] Die Entscheidung bezog sich aber auf den angesprochenen Gegensatz von voll und leer, Lücke und Besetzung oder ausgefüllt und unausgefüllt. M. a. W.: die Entscheidung fiel im seriellen Handlungskomplex für die Besetzung der Leerstellen (für bunte Vollstellen ohne Leerstellen) aus (Abb. 40).


Abb. 40 Lichtstab #3

(2) So zeigt Lichtstab #3 (Abb. 40) eine Gliederung oder Struktur, in der keine bunten Leerstellen mehr anzutreffen sind. Alle 7 Felder des Musters sind mit bunten Werten ausgefüllt. Der Gegensatz von ausgefüllt und unausgefüllt ist hier überwunden. Durch Stab #3 und im Verhältnis zu Stab #2 konstituiert sich aber ein neuer Gegensatz zwischen vollständiger und unvollständiger Buntfüllung bzw. zwischen unterbrochener und ununterbrochener Buntgliederung. Zudem belässt Lichtstab #3 die vier roten Felder von Stab #2 als Rahmenraster und fügt nur neue Werte in die Pausen oder Lücken ein. Es findet sich eine Korrespondenz zwischen Stab #2 und #3, obgleich sich ein Gegensatz im Gemeinschaftsbild der Stäbe ausdrückt.
Stab #3 setzt einen Teil von Stab #2 fort, imitiert gleichsam seine Grundstruktur und fügt dieser neue bunte Werte ein.
Stab #3 entwickelt sich zu einem Buntakkord, indem Ton und Pause aufgehoben sind.

Ähnlich wie in Lichtstab #2 fügen sich auch hier nicht irgendwelche neuen bunten Werte ein, sondern genau jene, welche schon im Newtonspektrum (Bildebene Nr. 1) als primäre Werte enthalten waren, so dass im gesamten betrachtet, Lichtstab #3 zu einer vollständigen Wiedergabe (Imitation) aller bunten Werte des Newtonspektrums gebracht ist. Im Ausgangsbild, d.h. im Newtonspektrum sind die Farben Rot, Grün und Blau „Ton angebend“. Lichtstab #3 fügt demnach Lichtstab #2 den verbleibenden Rest der Farben des Newtonspektrums hinzu und erreicht damit eine Wiederkehr aller primären bunten Werte auf der Bildebene Nr. 2, d.h. im Restituierungsbild.

Überhaupt sind beide Bildebenen: vollständiges und unvollständiges  Spektrum (= reelle Bildebene, Bildebene Nr. 1) vollständiges und unvollständiges Restituierungsbild  (= virtuelle Bildebene, Bildebene Nr. 2) beständig im Auge zu behalten, um den mit der Serie gekoppelten Prozess nachvollziehen zu können. Im phänomenologischen Nachvollzug stellt sich ein Zusammenhang der Bilder her. Was man sieht wird registriert und gekoppelt. So sieht man etwa, dass der grüne und blaue Abschnitt des Spektrums an bestimmter Stelle ausgesondert oder hindurchgelassen wird und der rote Abschnitt auf der Auffangschablone verbleibt. Der rote Abschnitt wird rechts durch die Kante der Öffnung in der Schablone scharf begrenzt,
links gleitet er jedoch allmählich in die Dunkelheit (Abb. 41)


Abb. 41 Gegenüberstellung der zwei (reellen und virtuellen) Bildebenen (Detail von Objekt #2)

Der rote Abschnitt erscheint nun im Blick durch das Prisma (d.h. auf der 2. Bildebene) an jener Stelle der Auffangschablone wie zuvor auf Bildebene Nr. 1, aber scharf begrenzt mit geringfügigem Farbübergang in seinem Feld: rechts dunkler und links heller (also genau umgekehrt), dann enger und zusammengezogener, eben gebündelt. Allerdings hat im Blick durch das Prisma die Schablone den Ort gewechselt. Sie erscheint in jener Richtung, mit der das Licht des Projektors in das Prisma
fällt  (siehe dazu Abb. 24, Prinzip der Restituierung). M. a. W. sie erscheint (nach links) verrückt. Folglich hat auch das Rot auf der Bildebene Nr. 2 seinen Ort gewechselt. Da man in der Optik jenes Bild durch das Prisma auch das virtuelle Bild nennt und dieses vom reellen unterscheidet [zur Unterscheidung siehe beispielsweise http://de.wikipedia.org/wiki/Optische_Abbildung, http://de.wikipedia.org/wiki/Virtuelles_Bild ], werde hier auch zwischen virtueller (Bildebene Nr. 2) und reeller Bildebene (Bildebene Nr. 1) differenziert. Sofern nun das Rot im virtuellen Bild am gleichen Ort auf der Schablone wahrgenommen wird wie das Rot im reellen Bild [= Koppelung des Gesehenen], ist klar, dass das Rot einfach nur [örtlich in die Richtung des ins Prisma einfallenden Lichtes] verrückt, aber nicht aufgefächert oder zerlegt wird. Es deklariert sich damit zu einer unzerlegbaren Farbe, einer Grundfarbe bzw. einem Elementarlicht.

In der Ausstellung wurde die Zerlegbarkeit von Farben oder von bestimmten farbigen Abschnitten eines Spektrums nicht gesondert thematisiert. Es lässt sich aber eine ganze Reihe solcher Versuche mit eben diesen Mitteln konzipieren und generieren.

Um in der seriellen Konfiguration der Objekte die phänomenologischen Fakten beider Bildebenen nicht aus den Augen zu verlieren, werden virtuelles und reelles Bild (wie sie unmittelbar durch Blickrichtungswechsel vor den Objekten erfahrbar waren) einander gegenübergestellt (Abb. 42, Abb. 43).

                      
Abb. 42 Ebenengegenüberstellung Objekt #2                    Abb. 43 Ebenengegenüberstellung Objekt #3

Das Gliederungsmuster von Lichtstab #3 führt ein neues Zahlenverhältnis ein: Es zerfällt in 4 rote, 2 blaue und ein grünes Feld  [4 : 2 : 1], verkleinert seine Anzahl also jeweils um die Hälfte der Vorgängermenge. Dabei hätten es auch 2 grüne und
ein blaues Feld sein können; die Entscheidung fiel auf 2 blaue und ein grünes Feld, da Rot und Blau im Newtonspektrum 1. die beiden äußersten Farben (Randfarben) und 2. die größten bunten Gegensätze (Buntgegensätze) sind, m. a. W. Farbpolaritäten im Unterschied zu Komplementärfarben darstellen2. 3. Sollte die Farbe der Mitte (Grün) im Newtonspektrum auch im Restituierungsbild diese Position einnehmen. Die Entscheidung wurde auch aus ästhetischen Gründen gefällt, die man als zufällig erachten könnte. Wie ein solches Bild eines Stabes in umgekehrter Variante hätte aussehen können, zeigt Abb. 44.


Abb. 44 Montage zur Entscheidungsvariante Stab #3

Es ergibt sich aus jeder gewählten Variante, aus jeder Entscheidungsvariante ein verändertes serielles Gesamtbild, das in sich eine gewisse Form an optischer (mit Augen erfassbarer) Schlüssigkeit besitzt oder nicht. Fehlende Schlüssigkeit ist nur keine Lösungsvariante.


Abb. 45 Lichtstab #4

(3) Wie sich in Stab #3 ein Teil von Stab #2 fortsetzt, so setzt sich auch in Stab #4 (Abb. 45) ein Teil von Stab #3 fort. Imitation (Fortsetzungsprinzip, Wiederholungsprinzip) und Variation (Unterbrechungsprinzip, Wechselprinzip, Veränderungsprinzip) werden stets gekoppelt. Stab #4 wiederholt die ersten vier Felder von Stab #3. Dann folgt  ein Wechsel: Rot wird Weiß, Blau wird Grün und Rot wird Blau, nach scheinbar beliebiger Vertauschung. Aber, augenfälliger erscheint  weniger die Wiederholung der 4 farbigen Felder, sondern die Wiederholung eines, eben ins Auge springenden Tripelmusters T-M-T. Die Wiederholung des Tripelmusters verbindet sich mit einem Farbtonwechsel.

Die einzelnen Farbnamen werden im Folgenden zur einfachen Kennzeichnung durch die Großbuchstaben R, G, B, C, M, Y, W, S abgekürzt. Bereits in Stab #3 taucht das Tripelmuster zweimal auf, nämlich oben und unten. Hier wie folgt notiert: an erster und letzter Stelle R-B-R-G-R-B-R, wobei die Wiederholung des Musters durch Unterstreichung hervorgehoben wird. Es wiederholt sich das Tripelmuster T-M-T seiner materiellen Struktur nach, seinem Farbmuster R-B-R nach. Dies führt im Folgenden zu einigen Unterscheidungen, welche der Betrachtung nützlich sind:  

Der Form nach enthält das Farbmuster R-B-R eine Ordnung von drei kongruenten (gleich großen, gleich gestalteten) und unmittelbar aufeinander folgenden Feldern: a-b-c, welche von einem einfachen Kontrast (d.h. von nur einer materiellen Differenz seiner Felder) F(a) = F(c), F(a) ≠ F(b) begleitet wird. Alle Felder (der Struktur) lassen sich der Reihe nach von oben nach unten mit Kleinbuchstaben a, b, c, d, e, f, g notieren, welchen dann materielle Werte (Farbtöne) zugeordnet werden können. Dass ihnen ein Farbwert zugeordnet wurde, kennzeichne der Buchstabe F, der ihnen – in Klammern notiert – vorangestellt wird. So ergeben sich die Formeln F(a), F(b), ..., F(g). Noch besagen aber solche Formeln nicht, welcher Wert ihnen zugeordnet ist. Schreibt man F(a) = R, so wird klar, dass dem ersten Feld der Farbwert R (Rot) zugeordnet ist. Nun können den Feldern (einer Struktur) gleiche oder verschiedene Werte zugeordnet werden. So erhält - in genannten Beispiel - das Feld a als auch das Feld c den Wert R, F(a) = R und F(c) = R; aber das Feld b erhält den Wert B: F(b) = B. Daraus ergibt sich die materielle Struktur oder die Farbfolge R-B-R, welches das Tripelmuster T-M-T realisiert und konkretisiert.

Nun ist es möglich, das genannte Tripelmuster auch mit anderen Farben zu realisieren [wie in Stab #4 mit Grün und Weiß: G-W-G] oder mit den gleichen Farben anders zu organisieren, so wenn Feld a und Feld c den Wert B und Feld b den Wert R erhält: F(a) = B, F(c) = B, F(b) = R, dann ergibt sich nämlich die Farbfolge B-R-B. Das Tripelmuster T-M-T ist dann zwar anders organisiert [gleichsam invertiert: M-T-M], aber materiell vom gleichen Grundgehalt: (I) R-B-R und (II) B-R-B. Beide sind nämlich den Eigenschaften ihrer Bestandteile nach bzw. ihren Werten (Qualitäten) nach gleich, d.h. sie enthalten beide nicht mehr und nicht weniger als die Farben R und B. Aber ihrer Quantität nach sind sie verschieden. In ihnen beiden kommen R und B zwar abwechselnd, aber entweder R zweimal (und B einmal) oder B zweimal (und R einmal) vor. Zudem startet das Tripelmuster in (I) mit R und in (II) mit B. Kurz: Sie sind ihrer Materie nach gleich, aber ihrer materiellen Struktur nach verschieden, d.h. hier: verschieden organisiert. Die Häufigkeit des Vorkommens von R und B in T-M-T (welche sich ganz zwangsläufig aus dem ergibt, mit welchen von beiden Werten begonnen wird) entscheidet hier über die Art (= Organisation) ihrer materiellen oder materiell erfüllten Struktur, m. a. W.: auch über ihr Erscheinungsbild (welches die Buchstabenfolgen (I) und (II) anführen). Im Folgenden wird noch zwischen Strukturbild und Erscheinungsbild differenziert.

Beide Farbmuster (I) und (II) sind also der Materie nach gleich, aber ihrer materiellen Struktur nach verschieden. Ihrer bloßen Struktur nach sind sie aber ebenfalls gleich. Wie lässt sich ihre bloße Struktur eruieren? Schon der Hinweis, dass beide das Muster T-M-T realisieren, könnte genügen. Doch es geht nicht bloß um einen Hinweis, sondern um eine brauchbare Form, um eine Form, die dem Verständnis in der Folge noch nützlich werden kann. Zu diesem Zwecke werden Variablen eingeführt. Die Farbvariablen x, y, z, w, u, v, s, r, t sind Leerstellen, in welche die Werte R, G, B usw. eingesetzt werden können. Sie unter-scheiden sich von den Feldern, indem diesen bestimmte Stellen zugewiesen sind: a nimmt stets die erste Stelle (ganz oben), b stets die zweite Stelle usw. ein. Die einzelnen Felder sind örtlich fix, dagegen sind die Variablen dazu stellenfrei. Gleiche Variablen können an verschiedenen Orten der Struktur verwendet werden. Sie können mehrmals zum Einsatz gelangen. In sie selbst können wiederum verschiedene Farbwerte Platz greifen. Für Farbwerte bilden sie eine offene Struktur, mit einer Bedingung: gleichen Variablen müssen gleiche Werte im Strukturbild eines Stabes zugeordnet sein. Das Tripelmuster T-M-T in der Gestalt von Variablen: x-y-x oder z-w-z usw. repräsentiert damit  formal jeden möglichen Fall, sowohl (I) R-B-R als auch (II) B-R-B oder einen beliebigen anderen Fall wie etwa (III) G-B-G. Variablen zeigen hier die bloße Form des Tripelmusters oder, das Muster ohne spezifischen Inhalt an. So wird es möglich, die Stäbe ihrer formalen Struktur nach (ihrem formalen Strukturbild nach) zu verdeutlichen, um eben zu sehen, ob sich in der seriellen Struktur der Objekte (die sich der Materie wie der Form nach differenziert) etwas bloß der Form nach oder auch der Materie nach wiederholt, bloß der Materie nach verändert oder auch der Form nach verändert wird. Die einzelnen Stäbe notiert mit Variablen, erzeugt ein Bild der formalen Struktur, in dem bloß die Gleichheit der Werte (durch gleiche Variablen) und die Verschiedenheit der Werte (durch verschiedene Variablen), aber die einzelnen Werte selbst keine Deutlichkeit gewinnen. Dies unterscheidet die bloß formale von der materiellen Struktur.

Wie oben geschildert, hätte Stab #3 (Abb. 40):  R-B-R-G-R-B-R auch wie folgt aussehen können: Stab #3* R-G-R-B-R-G-R
(Abb. 44), ohne an der formalen Struktur des Stabes etwas zu ändern. Das formale Strukturbild beider Stäbe (Stab #3, Stab #3*) ist gleich, erkennbar an der Folge der Variablen: x-y-x-z-x-y-x. Im ersten Fall werden im Strukturbild die Stellen y nur mit dem Wert B besetzt, im zweiten Fall mit dem Wert G, und im ersten Fall wird die Stelle z mit G und im zweiten mit B besetzt. Durch Zuordnungen werden aus dem Strukturbild (symbolsprachlich) notierte Erscheinungsfälle. Die Variablen zeigen eben nur Gleichheit und Verschiedenheit der Werte und sonst nichts weiter an. Stab #4 (Abb. 45) weist ein zu Stab #3 nun verändertes Strukturbild auf: x-y-x-z-w-z-y. Im Stab #4 wiederholt sich das Tripelmuster T-M-T der Form nach, aber nicht der Materie nach, d.h. mit veränderten Farbwerten: R-B-R-G-W-G-B. Es wiederholt sich aber nicht nur das Tripelmuster mit veränderten Farbwerten, sondern zudem hat die Position des Musters gewechselt; es hat sich nach vor: von der 5., 6. und 7. Stelle zur 4., 5. und 6. Stelle verrückt. Daraus wird klar, dass sich das Erscheinungsbild des Musters verändern musste,
damit sich die Lesbarkeit (Identifizierbarkeit) des Musters nicht irritiert. Wäre es nämlich der Farbe nach gleich geblieben
(wie folgende Notation des Erscheinungsbildes zeigt): R-B-R-R-B-R-G, so hätte dies zu einem optischen Zusammenschluss der roten Felder zu einem größeren Feld geführt:  R-B-RR-B-R-G. Damit wäre die Struktur von 7 unterscheidbaren aber kongruenten Feldern, wie sie von den Leitfiguren (als Bedingung) vorgegeben wird, destruiert. Die Notwendigkeit, die Farbe des Musters zu wechseln wird damit schlüssig. Dass das Grün an der 4. Stelle zum Anlass genommen wurde, hier mit der Veränderung der Farben anzusetzen, liegt nahe genug. Es wird klar, dass dann das Tripelmuster T-M-T in seinem wieder-kehrenden Erscheinungsbild  folgende (partiell materiell erfüllte) Gestalt bezieht: G-x-G. Lediglich die Frage nach der Farbe an der Stelle x verblieb.

Die Notwendigkeit, die Farbe des sich wiederholenden Tripelmusters zu wechseln, ist eine Konsequenz aus der räumlichen Verrückung des Musters. Damit baut sich in der Serie mit Stab #4 der Gegensatz von sich verrückenden und verbleibenden Positionen eines wieder erkennbaren Musters auf, welcher in den ersten beiden Stäben gar nicht angesprochen war. In Stab #2 etablierte sich der Gegensatz von Farbton und Farbpause (Lücke und Füllung), in Stab #3 konstituierte sich im Verhältnis zu Stab #2 der Gegensatz zwischen unterbrochener und ununterbrochener Buntgliederung. In Stab #4 konstituiert sich im Verhältnis zu Stab #3 nun der Gegensatz zwischen örtlich verbliebenem und verrücktem Muster. Zu welcher Lösung dieser Gegensatz führt, zeigt eben Stab #4. So wird dem 1. Erscheinungsbild R-B-R das 2. Erscheinungsbild G-W-G des Tripel-musters entgegenstellt. Auch diese Entscheidung könnte man für beliebig erachten. Sie wurde unter anderem aber aus einer (beabsichtigten) Restriktion gefällt: Stab #4 soll nicht mehr Farben enthalten, welche auch in Stab #2 und Stab #3 enthalten sind. Die Restriktion beachtet hier ein Wiederholungsprinzip. So bleiben 2 Möglichkeiten für das zweite Erscheinungsbild des Tripelmusters zurück: (1) G-B-G und (2) G-W-G. Die Einschränkung geschah zudem mit der Absicht, im nächstfolgenden Stab eine markante Modifikation herbeizuführen.

Stab #4 setzt das identifizierbare Tripelmuster von Stab #3 in gleicher wie veränderter Weise fort, in gleicher wie veränderter Position. Aus der räumlichen Verrückung ergab sich eine erneute (wiederholte) wie veränderte Setzung von Farbwerten in
die bereits etablierte oder kenntlich gemachte Tripelstruktur T-M-T. Die Innovation des Stabes liegt primär in der räumlichen Veränderung (Verschiebung, Translation) eines wieder erkennbaren Musters. Zwar wird in der Folge der unbunte Farbwert Weiß (als Summe aller Farben des Newtonspektrums) wieder eingeführt, aber die Betonung liegt nicht auf dem Gegensatz von bunt und unbunt, wie in Stab #2, in dem sich dieser Gegensatz als erstes etabliert. Die Betonung liegt in einem Vorgriff auf Stab #5, der ein schwarzes Feld dem weißen Feld entgegenstellt.

(4) Bis hierher halten sich alle Stäbe an das farbige Erscheinungsbild des Newtonspektrums und an die vollständige Lichtaddition (Vereinigung) seiner darin enthaltenen Farben zu Weiß. In Stab #5 (Abb. 46)  folgt dazu nun ein radikaler Wechsel, welcher fast alle in Stab #4 enthaltenen Farben in ihr komplementäres Gegenbild überführt. Dieser Wechsel vollzieht sich der Materie nach, kaum merklich der Form nach. Wie die formalen Strukturen beider Stäbe zu erkennen
geben [(i) Stab #4: x-z-x-y-w-y-z, (ii) Stab #5: x-z-x-y-w-y-v], bleiben sie sich bis auf die letzte Stelle gleich. An der letzten
Stelle erscheint ein Grün und nicht, wie aus einem vollständigen Wechsel zu erwarten ist, ein Gelb (das komplementäre Gegenbild zu Blau). Das hat ebenfalls einen Grund: Grün ist komplementär zu Magenta und verdeutlich mit Magenta in der Reihe selbst (im Stab selbst) das Prinzip des farbigen Wechsels ins Gegenbild. Bezogen auf eine Farbe Im Stab selbst wiederholt sich zuletzt das Prinzip.


Abb. 46 Lichtstab #5

Lichtstab #5 zeigt auf einmal und mit einem Schlage auf, dass sich aus den Farben des Newtonspektrums alle seine Gegenfarben bilden lassen.  Auch das Weiß an der 5. Stelle wird hier in ein Schwarz modifiziert, das sich mit dem Grunde (dem Umfeld der Figur) identifiziert. [Im Foto scheint diese Identifizierung vollständig. Für das Auge war vor Ort eine Differenz erkenntlich, da die weiße Schablone einen gewissen Teil des Lichtes im Raume zurückwarf. So entstand der Eindruck eines tiefen Schwarz an dieser Stelle der Figur, die in Abb. 46 fehlt.]

Schwarz bezeichnet hier jene Farbe, die sich zeigt, wenn keine der Farben des Newtonspektrums prismatisch verschoben (verrückt, gebrochen) oder vereinigt werden, m. a. W. eine Bildrestituierung des spektralen Lichtbildes fehlt, verhindert oder ausgeblendet wird. Schwarz zeigt sich, indem die Öffnung der Schablone, das Fenster in die Finsternis, durch welche die Farben in den dunklen Raum verschwinden, verrückt und zusammengezogen wird. Auch Finsternis wird hier gleichsam und mitfolgend zusammengerückt.

Durch das Erscheinen von Schwarz baut sich im bisherigen Ganzen der Serie der Gegensatz von erfüllter und unerfüllter Vereinigung von Farben auf, durch die Etablierung der komplementären Werte, der Gegensatz zwischen Bild und Gegenbild der Farben.  Zudem formuliert sich der Gegensatz zwischen vollständiger und unvollständiger Farbvereinigung, der im Newtonspektrum enthaltenen Primärwerte. Bislang (d.h. in den Objekten #2 - #4) fand nämlich nur eine vollständige Vereinigung der Farben im weißen Spaltbild statt, da die bloße Verschiebung (Verrückung) einzelner Primärwerte mit einhergehender Bündelung keine Vereinigung von Farben darstellt. Dies eben holt Stab #5 nach und rundet damit den Vorgang ab. Es werden je zwei der drei Primärwerte des Spektrums zu einem neuen Wert zusammengeführt: Rot und Grün
zu Gelb, Grün und Blau zu Türkis, Rot und Blau zu Pink: R + G = Y, G + B = C, R + B = M. Damit wurde im ganzen der Gruppe
die diverse Refraktion einzelner, einiger und aller Farben vorgeführt, die zu bloßer Verrückung und Verschiebung (Rot, Grün, Blau) und zudem zu partieller (Cyan, Magenta, Gelb) und totaler Vereinigung (Weiß) von Farben im Restituierungsbild führt.

                
Abb. 47 Ebenengegenüberstellung Objekt #2                     Abb. 48 Ebenengegenüberstellung Objekt #3

Wie sich aus Abb. 47 und Abb. 48 ersehen lässt, sind auch die Schablonen und nicht nur die Stäbe #4 und #5 an den ersten
6 Stellen einander exakt entgegengesetzt (vollständig invertiert). Dort, wo sich in Schablone #5 Öffnungen befinden, befinden sich in Schablone #4 lichtreflektierende Flächen und umgekehrt. Ausnahme von der Invertierung zeigt sich nur an der letzten Stelle. An der vollständigen Invertierung (der ersten 6 Stellen) wird aber offenkundig, dass sich hier ein Maximum des Wechsels, ein Sprung (der Qualität nach) etabliert. Dieser Sprung führt die Folge der Objekte zu einem vorläufigen Abschluss, in eine Ruhe des „Angetriebenseins“, in eine Ruhe des „Erreichen Könnens“, die sich durch die Anwendung des gegen-bildlichen Wechselprinzips auf den Stab selbst wiederholt zum Ausdruck bringt. Dies zu verdeutlichen war auch der Sinn der hier getätigten Erläuterung.


Abb. 49 vollständige Gegenüberstellung der virtuellen und reellen Bilder der Objektfolge #2 - #5

Intendiert war, dass an einem Punkt die Gruppe zu einer Wende kommt, zu einer vollständigen Innovation, indem sich
das Gegenbild zu den im Newtonspektrum enthaltenen Farben generiert. Farbwiederholungen (Imitationen) und Farb-umkehrungen (Innovationen) lassen sich in einem grafischen Bild zur Darstellung bringen (Abb. 50), wobei die unterbrochenen Verbindungslinien die Farbwiederholungen und die mit invertierten Pfeilen versehenen Linien die Farbinvertierung (den Wechsel in die Komplementärfarbe) darstellen.


Abb. 50 Struktur der Farbwiederholung und Farbinvertierung der Objektfolge #2 - #5

Zudem werde die formale Struktur der Stäbe, wie sie dem Strukturbild aus Variablen entspricht, hier angefügt (Abb. 51).


Abb. 51 Strukturbild der Stäbe #2 - #5

Daraus wird ersichtlich, dass im Gesamtvergleich die formale Struktur der Stäbe an den ersten drei Stellen (in den Feldern a, b, c) gleich ist. Der formalen Struktur nach stimmen die ersten beiden Stäbe an den drei letzten Stellen (in den Feldern e, f, g) und die beiden letzten Stäbe an der vierten bis sechsten Stelle (in den Feldern d, e, f) miteinander überein. [Siehe die schwarzen senkrechten Striche in Abb. 51.] Gleichheit und Verschiedenheit der formalen Struktur lassen sich noch durch folgende Kennzeichnungen auf höherer Ebene verdeutlichen. Dabei stehe K für Korrespondenz (Übereinstimmung, Gleichheit), U für Unterbrechung (Verschiedenheit) und F für Fortsetzung der formalen Struktur (Gleichheit und Verschieden-heit):

K             K             K             K
U             U             F              F
K             K             U             U

Wie sich aus der formalen Struktur (Abb. 51) erkennen läßt, steigt die Anzahl an verschiedenen Variablen von Stab zu Stab:
V(#2) = 2, V(#3) = 3, V(#4) = 4, V(#5) = 5. Was bedeutet, dass zunächst 2, dann 3, dann 4 und schließlich 5 verschiedene Farben zum Einsatz gelangten. Die Zahl der Variablen steigt stetig an. Hieraus ließe sich die Serie bis zur maximalen Anzahl von 7 Stäben gesteigert denken. Das Strukturbild von Stab #1: x-y-z-w-u-v-s enthält ja 7 verschiedene Farbvariablen, in die je 8 verschiedene Werte: R, G, B, C, M, Y, W, S eingesetzt werden könnten. Dem Prinzip nach war aber in den 4 Stäben der Gruppe alles dem seriellen Bild nach gesagt.


Objektfolge #6 - #9                                                                                                                                                                 back        top 
 

Abb. 52 Struktur der Farbwiederholung der Objektfolge #6 - #9

Abb. 52 zeigt die Struktur der Farbwiederholungen der zweiten Objektgruppe. Sie verdeutlicht im grafischen Bild die dynamisch aufgebaute Verlaufsstruktur der Farben.


Abb. 53 Strukturbild der Stäbe #6 - #9

Zudem behalten alle Stäbe die gleiche formale Struktur (Abb. 53), verändern aber durchgängig ihr Erscheinungsbild nach einem eigenen noch zu erläuternden organisatorischen Prinzip. Die Anzahl an verschiedenen Variablen bleibt sich beständig gleich V(#6-#9) = 4.
Wie in der ersten Gruppe (Objektfolge #2 - #5) von Stab zu Stab die formale Struktur variiert, so wird in der zweiten Gruppe (Objektfolge #6 - #9) von Stab zu Stab die formale Struktur imitiert. Variation und Imitation bilden hier den leitenden Gegen-satz. Außerdem zeigen die beiden Verlaufsstrukturen (Abb. 50 und Abb. 52) den Gegensatz von Ruhe und Bewegung an.

(5) Die Objektfolge #6 - # 9 startet thematisch mit dem Helldunkel der Farben. Stab #6 (Abb. 54) gibt hierzu ein materiell auf bestimmte Art organisiertes Muster vor:


Abb. 54 Lichtstab #6

Er zeigt in seinem Erscheinungsbild die Farbfolge B-C-G-Y-G-C-B, wobei Blau die Peripherie und Gelb das Zentrum bildet.
(1) Zentrum und Peripherie sind farbkomplementär. Den dunklen Blautönen an der Peripherie folgen nach innen Türkis oder: dem Blau folgt das Cyanblau, das heller ist als Blau. Gelb und Blau sind zudem nicht nur Komplementärfarben, sondern stellen (2) auch den größten Helldunkelgegensatz der Buntfarben. Die materielle Struktur baut sich vom größten Helldunkel-gegensatz der Buntfarben her auf, wobei Peripherie und Zentrum den Ort des Gegensatzes bilden; sonst bestimmt (3) Farbverwandtschaft (im Nachvor und Zurück) die Reihe der Farben: Dem Blau folgt Cyanblau, dem Cyan verwandt das Grün, dem Grün das Gelb verwandt, dem Gelb verwandt das Grün etc. Aber noch bedeutender ist (4): es wechseln (nach vor und zurück) stets hellere mit dunkleren Tönen ab. Dem dunkleren Blau folgt das hellere Türkis, diesem das dunklere Grün, dem dunkleren Grün das hellere Gelb, dem Gelb folgt nach außen das dunklere Grün, dem Grün das hellere Türkis, dem Türkis das dunklere Blau. Hier wechseln regelmäßig dunklere mit helleren Farbtönen ab. In einem regelmäßigen Wechselbild der Struktur: D-H-D-H-D-H-D lässt sich diesem Umstand Rechnung tragen, wobei „H“ für heller und „D“ für dunkler (in Bezug auf die nachfolgende wie vorangehende Farbe) stehe. In Stab # 6 kommt der relative Gegensatz zwischen heller und dunkler zum Einsatz und ergänzt damit den in Stab #2 etablierten Gegensatz zwischen bunt (Rot) und unbunt (Weiß). Auch in Stab #2 verdeutlicht sich ein regelmäßiges Wechselbild: R-W-R-W-R-W-R, in dem der Gegensatz zwischen dunkler und heller ebenfalls enthalten ist: R = D (d.h. R ist dunkler als W und erhält damit den relativen Wert D) und W = H (d.h. W ist heller als R und erhält damit den relativen Wert H). Beide Stäbe (#2 und #6) koordinieren sich in ihrem (relativen) Helldunkelbild und wegen der Regelmäßigkeit ihres Wechselprinzips. In Stab #6 wird aber der Farbwechsel dynamisch aufgebaut; er organisiert sich in verschiedenen helleren und dunkleren Werten. Stab #2 organisiert sich in stets gleichen dunkleren und helleren Werten.

(6)  Wie sich aus dem Erscheinungsbild von Stab #7 (Abb. 55) erkennen lässt, kehrt sich die Abfolge von helleren und dunkleren Werten um: H-D-H-D-H-D-H.

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Abb. 55 Lichtstab #7

Diese Inversion kommt  zustande, indem zunächst eine Aufteilung der Farbtonfolge von Stab #6 in zwei spiegelsymmetrische Tupel (1) B-C-G-Y und (2) Y-G-C-B erfolgt. Dann setzt eine Verschiebung der darin enthaltenen Tripel C-G-Y und Y-G-C nach außen ein. Da das Bild der Stäbe beschränkt ist auf 7 Felder, verliert sich das Blau (von Stab #6) aus dem Bild der Struktur und das zentrale Feld d wird frei, um eine neue Farbe aufzunehmen. Sofern dies Rot ist, wiederholt sich die in Stab #6 aufgebaute Struktur eines komplementären Farbgegensatzes an Zentrum und Peripherie. Die Regel könnte lauten: „Bewahre in Zentrum und Peripherie einen farbkomplementären Gegensatz“, woraus sich das Rot im Zentrum von selbst ergibt, da an die Peripherie sich das Cyan schiebt. So findet ein Wechsel durch spiegelsymmetrische Aufteilung, Verschiebung und ergänzende Einfügung eines komplementären Buntwertes statt, der zur Inversion in der Abfolge der helleren und dunkleren Werte führt.

(7) Dieses mehrfache Prinzip des Wechsels findet auch in Stab #8 (Abb. 56) seine Anwendung. Entsprechend kehrt sich die Abfolge von helleren und dunkleren Tönen wieder um: D-H-D-H-D-H-D.


Abb. 56 Lichtstab #8

An der Peripherie findet sich nun Grün und im Zentrum Magenta oder Pink, jene komplementären Farbgegensätze, die von ihren Helldunkelwerten her betrachtet einander am ähnlichsten sind. Bilden Gelb und Blau den größten Helldunkelgegensatz der Farben, so bilden Pink und Grün den geringsten Helldunkelgegensatz aller Farben. Über einen doppelten Entwicklungs-schritt baut sich eine Spannung (graduelle Differenz) innerhalb der Helldunkelgegensätze auf. Auch hier zeigt sich eine dynamische Struktur, die auf einer Entfaltungsbewegung innerhalb eines Gegensatzes beruht.

(8) Mit Stab #9 (Abb. 57) ändert sich das Entfaltungsprinzip. Mit der Objektfolge #6 - #8 wurden nämlich schon alle möglichen Komplementärgegensätze bunter Werte durchgespielt: Blau/Gelb, Rot/Türkis, Grün/Pink [B/Y, R/C, G/M].


Abb. 57 Lichtstab #9

Zwar hält Stab # 9 den regelmäßigen Wechsel zwischen helleren und dunkleren Farbtönen weiter ein, aber im Zentrum erscheint keine zur Peripherie komplementäre Farbe mehr. Auch findet weder eine spiegelsymmetrische Aufteilung der in Stab #8 auftretenden Folge G-Y-R-M-R-Y-G noch eine Verschiebung der spiegelsymmetrischen Tripel Y-R-M und M-R-Y nach außen statt. Die beiden roten Werte verschieben sich (mit einem Sprung) an die Peripherie, werden nach innen aber nicht gefolgt von Pink, sondern von Gelb. Dem Gelb folgt Türkis, ein eindeutiger Farbgegensatz. Farbverwandtschaft (Rot-Gelb)
und Farbgegensatz (Gelb-Türkis) wechseln sich ab. [Es handelt sich hier aber um keinen komplementären Farbgegensatz.]


Abb. 52 Struktur der Farbwiederholung der Objektfolge #6 - #9

Wie die Struktur der Farbwiederholung seinem grafischen Bild nach zeigt, wird (– man vergleiche Stab #9: R-Y-C-W-C-Y-R
mit Stab #8: G-Y-R-M-R-Y-G) einerseits durch das Wandern der Werte R an die Peripherie eine Beschleunigung (in der Tendenz nach außen) oder ein Sprung angezeigt und andererseits durch das Beharren der Werte Y an gleichen Stellen ein Stoppen der Bewegungsgeschwindigkeit oder ein Stehenbleiben. Kurz: das Organisationsgefüge der Stäbe #6 - #8 zerbricht und verändert sich mit Stab #9. Dieser Vorgang öffnet den geregelten Ablauf für ein neues Ordnungsprinzip. Dadurch rundet sich nicht (wie in der Objektfolge #2 - #5) das serielle Geschehen durch Gegenbildlichkeit ab. Aus einem geregelten Ablauf, der unterbrochen wird, kann sich eine neue Regel (Ordnung) etablieren. Nur bleibt eine solche hier in bloßer Möglichkeit bestehen.


Abb. 58 vollständige Gegenüberstellung der virtuellen und reellen Bilder der Objektfolge #6 - #9

Zusammenfassend lässt sich formulieren: Objektgruppe #6 - #9 entfaltet sich aus einer sukzessiven Veränderung (geregelten Variation) ihrer materiellen Struktur bei gleicher formaler Struktur und mündet in einen Regelbruch ihres Aufbauprinzips, aus dem sich die Offenheit der Folge figuriert und zur potentiellen Unabgeschlossenheit deklariert.  Diesen Faktor in der Serie veranschauliche Abb. 59, in der oben die geregelte Variation bis zur Wiederkehr des materiellen Struktur-bildes an Position 7 dargestellt ist (gekennzeichnet in Rot) und unten an der 4. Stelle der (in Blau hervorgehobener) Regel-bruch erkennbar wird. Der Regelbruch kennzeichnet eine „Enttäuschung“ der Erwartung (d.h. der geregelten Erfahrung), die sich aus der Erfassung des Organisationsprinzips der ersten drei Stäbe ergibt. Die Einhaltung (Penetration) dieses Prinzips konstituiert  eine Schleife in der seriellen Struktur (Wiederholung ab der 7. Stelle), die hier eben an 4. Stelle (im letzten Stab) unterbrochen wird. So legt sich in der Serie ein Charakter an Offenheit  (unerwarteter Erfahrung) frei.


Abb. 59 materielle Strukturbilder, oben: der geregelten Variation, unten: mit integriertem Regelbruch

Damit verdeutlicht sich auch ausreichend die Differenz zur Objektfolge #2 - #5. Die 1. Untergruppe (Objektfolge #2 - #5) rundet die Serie der Stäbe gegenbildlich ab, die 2. Untergruppe (Objektfolge #6 - #9) figuriert die Serie der Stäbe in eine Offenheit.


Objektfolge #11 - #14                                                                                                                                                            back        top 

Anders nun organisiert sich die Objektfolge #11 - #14, die allein schon im Entwurf von  inversen  Spektren (Goethespektren) als auch im Vorgang der inversen  Fragmentierung Gegenbilder zu den beiden ersten Objektfolgen aufbaut. Im Restituierungsbild der Objekte zeigt sich darum auch kein Lichtstab, sondern ein Schattenstab. Aber abgesehen von diesem Unterschied bildet sich Entgegnung, Verweis und Antwort durch Imitation und Variation formaler und materialer Strukturen aus.

(9)
Objekt #11 zeigt einen Schattenstab (Abb. 60), der von 4 grünen und einem weißen Feld in der Mitte (kaum merklich
getönt in Grau) unterbrochen wird. Das Bild des Stabes erinnert an Stab # 2, in dem 4 rote Felder einen weißen Lichtstab unterbrechen. Der bloß formalen Struktur nach entspricht Stab #11 aber Stab #3: x-y-x-z-x-y-x. Dieselbe formale Struktur imitiert auch Schattenstab #14 (Abb. 61). Wegen der 4 roten Felder verstärkt sich noch mehr der Bezug zu Stab #2. Die Bildähnlichkeiten beider Stäbe mit Stab #2 resultiert aus dem Umstand, dass in allen drei Stäben der Gegensatz von bunt
und unbunt eingehalten wird, aus dem sich folgendes regelmäßiges Wechselbild ergibt: B-U-B-U-B-U-B („B“ für bunt und
„U“ für unbunt). Nur finden sich in den Stäben #11 und #14 zwei unbunte Werte in gegenbildlichem Einsatz: In Stab #11 ist 
F(b) = S, F(d) = W und F(f) = S; in Stab #14 ist F(b) = W, F(d) = S und F(f) = S, d.h. genau umgekehrt. Grün und Rot bilden nur keinen komplementären Gegensatz.

                
Abb. 60 Schattenstab #11                                   Abb. 61 Schattenstab #14

Wie werden in diesen Stäben Schwarz und Weiß gebildet? Für die Objektfolge #1 - #9 galt, dass sich Schwarz zeigt, wenn keine der Farben des Newtonspektrums prismatisch verschoben (verrückt, gebrochen) oder vereinigt werden bzw. eine Bildrestituierung des spektralen Lichtbildes durch vollständigen Durchlass der Farben fehlte oder verhinderte wurde, aber
sich trotzdem ein Bild des Fehlenden (eben der Finsternis) einstellte; dagegen zeigte sich Weiß, wenn alle Primärfarben des Newtonspektrums: Rot, Grün, Blau ineinander verschoben und zu einem schmalen Streifen (zum Bild des Lichtspalts) gebündelt wurden, sich also im Restituierungsbild die ursprüngliche Einheit wieder herstellte. Für Objektfolge #10 - #14 gilt dieser Umstand nicht. Es scheint so, dass sich Schwarz zeigt, wenn alle drei Primärfarben des Goethespektrums (Türkis, Magenta und Gelb) ineinander verrücken. Dem Eindruck nach erscheint hier Schwarz das Resultat eines ebenso komplexen Bildungsvorganges wie Weiß hinsichtlich des Newtonspektrums. Diese Analogie veranlasste übrigens Goethe dazu, Newtons Erklärungstheorie, in der Weiß die Summe aller im Newtonspektrum enthaltener Farben darstellt, infrage zu stellen: Analog müsste nämlich ebenso behauptet werden können, dass auch Schwarz die Summe aller im Goethespektrum enthaltener Farben darstellt. [Näheres zu dieser These vgl. Müller, Olaf: Goethes philosophisches Unbehagen beim Blick durchs Prisma. In: Glasauer, Stefan / Steinbrenner, Jakob (Hg): Farben, Frankfurt am Main: Shurkamp, 2007; S. 64-101.]
Zwar behauptet Goethe eine solche These nicht, aber sie drängt sich aus der vor Augen geführten Analogie her auf. Nach Newton leiten sich dagegen die Farben des Goethespektrums aus den Elementarlichtern des Regenbogenspektrums ab,
die er sich alle im Licht enthalten denkt. Schwarz deklariert sich zur Lichtlücke aus der unterschiedlichen Ablenkung (Verrückung) der Werte oder Bereiche R, G, B, welche jede Erscheinung einer bunten Farbe (im Restituierungsbild) aufhebt (Abb. 62).


Abb. 62 Erklärung des Goethespektrums (I) und seines auf der virtuellen Bildebene erscheinenden Schattenstabes (II) nach den drei Grundlichtern Rot, Grün und Blau des Newtonspektrums

Phänomenologisch (und erklärungsunabhängig) lässt sich konstatieren, dass Schwarz (in einem weißen Feld) sich zeigt, wenn das Goethespektrum durch das Prisma in Augenschein genommen wird. Dies genügt der einfachen Feststellung im Kontext der Lichtobjekte. Dazu kommt noch ein weiterer phänomenologischer Aspekt, der durch die inverse Aussonderung
von Farben, d.h. durch Überblendung geschieht. An der 4. Stelle in Stab # 11 (Abb. 60) werden nämlich alle drei Farben des Goethespektrums überblendet, so dass sie beinahe vollkommen für das Auge verschwinden. Indem weißes Licht von hinten mit derselben Lichtstärke wie das Licht von vorne auf die Schablone und auf das darin transparente Glas fällt, erscheint auch im Restituierungsbild der lichtlose Schatten (das Schwarz) von weißem Licht erfüllt. Weiß zeigt sich, indem der Schatten, der im Goethespektrum wegen der Farbzerstreuung nicht mehr erkenntlich ist, erfüllt wird von weißem Licht und damit optisch verschwindet oder getilgt wird. Was sich mit Gewissheit phänomenologisch konstatieren lässt, Weiß zeigt sich, wenn alle Farben des Goethespektrums überblendet werden; Schwarz zeigt sich, wenn keine Farben des Goethespektrums überblendet werden. M. a. W., in der Objektfolge #10 - #14 bilden sich Schwarz und Weiß genau umgekehrt zur Objektfolge
#1 - #9 (Abb. 63). Durchlass und Durchlichtung (Überblendung) von allen und keinen Farben sind dabei tonangebend.


Abb. 63 Schema zur Bildung unbunter Kontrahenten

Grün zeigt sich nun, indem nur das Magenta des Goethespektrums überblendet wird (Abb. 64). Dies allein ist als Phänomen erstaunlich genug. Denn hier lässt sich nicht sagen, dass ein Teil des Schattens nur erfüllt wird von Licht (man müsste nämlich Magenta zu einem Bestandteil des Schattens erklären). Da nämlich Magenta, Purpur oder Pink hier ganz offenkundig ein farbiges Licht ist, lässt sich nur sagen, dass purpurnes Licht von weißem Licht überblendet wird, m. a. W., das farbige Licht (= Magenta) sich in das farblose (weiße) Licht integriert, sich mit diesem vereinigt und mischt und damit unkenntlich gemacht wird; ähnlich wie man zu einer bestimmten Menge an Pigmentfarbe solange weiße Pigmente mischt, bis sie für
das Auge verschwunden ist.


Abb. 64 virtuelles und reelles Bild von Objekt #11

Indem Magenta durchtränkt wird von weißem Licht (oder auch entsättigt wird durch weißes Licht), fügt sich optisch diese Stelle in das weiße Feld der Schablone. Was verbleibt sind – im bestimmten Abstand zueinander – die Kontraste Cyan (Türkis) und Gelb im weißen Feld. Und diese werden dem Eindruck nach im Blick durchs Prisma verrückt und zwar divers verrückt (Gelb mehr als Türkis). Sie fügen sich dem Eindruck nach zu einem Bild von einer Farbe zusammen, nämlich Grün, ebenso wie sich dem Eindruck nach alle drei Farben des Goethespektrums zur lichtlosen Finsternis (zur Auslöschung aller Buntwerte) zusammenfügen.

Es ist wichtig dabei festzuhalten, dass weder das Gelb noch das Cyan zerlegt werden, sich also in je zwei Farben (Gelb in Grün und Rot, Türkis in Grün und Blau) auffächern. Davon liefert Objekt #10 (Abb. 66) den experimentellen Beleg. In ihm werden (Zeile 1) Türkis und Magenta überblendet und Gelb erscheint (unzerlegt) im Restituierungsbild. In ihm werden Magenta und Gelb (Zeile 7) überblendet und Türkis erscheint (unzerlegt) im Restituierungsbild. Sie erfüllen alle Merkmale von Grundfarben: 1. Unzerlegbarkeit, da sie in keine weiteren Farben aufgefächert werden und  2. unterschiedliche Brechbarkeit, da sie verschieden stark abgelenkt werden. Beide Farben erscheinen an der gleichen Stelle (d.h. in der Geraden von Stab #10), so dass es auch nahe liegt zu behaupten: Grün zeigt sich, wenn Gelb und Türkis dieselbe Stelle im Restituierungsbild einnehmen, sich folglich gegenseitig durchdringen. Dem bloßen Eindruck nach stellt sich die Sache so dar, auch, wenn man die Erscheinung aus Newtons Überlegungen anders ableiten und nach den Prinzipien der newtonischen Optik davon differenziert erklären kann (siehe Abb. 65).


Abb. 65 Erklärung zur Erscheinung von Grün im Restituierungsbild des fragmentierten Goethespektrums

Deshalb macht es durchaus Sinn hier zwischen „der Erscheinung nach“ (bzw. „dem Eindruck nach“) und „der Erklärung nach“ zu unterscheiden. Der experimentellen Erscheinung nach stellt sich die Sache (mit den Farben) wie geschildert dar. Alle drei Farben des Goethespektrums sind der Erscheinung (oder der experimentellen Erfahrung von Objekt #10) nach Elementar-farben, die drei Farben des Newtonspektrums: Rot, Grün und Blau dagegen zusammengesetzte Farben; sie werden gebildet, wenn je zwei der Grundfarben an eine Position verschoben sind (Abb. 66).


Abb. 66 Schablone, Überblendung von hinten, fragmentiertes Goethespektrum und Restituierungsbild von Objekt #10

Die Unterscheidung wie Feststellung zwischen den zusammengesetzten Farben R, G, B und den Elementarfarben C, M, Y ist hier streng auf die aufgebaute experimentelle Situation bezogen. Sie gilt für das sich dabei formulierende phänomenologische System von Farben, in dem das weiße Feld die Ereignisplattform der Farben bildet, in welche die spektralen Phänomene gebettet sind. Im umgekehrten oder dazu komplementären System (Abb. 67) bildet das lichtlose schwarze Feld, in dem die Spektralfarben Newtons erscheinen, die Ereignisplattform der Farben. Rot, Grün und Blau sind dann die primären Grundfarben. [Goethe und Newton zu Ehren, nenne ich sie der Kürze wegen auch das G-System und N-System.] Objektfolge #1 - #9 und Objektfolge #10 - #11 sind ihrer Ordnung und Erscheinung nach – d.h. auch phänomenologisch – darum systemisch differenziert. Ihrer Ordnung und Erklärung nach – d.h. auch physikalisch – lassen sie sich aber systemisch identifizieren, m. a. W.: in eine Theorie des Lichtes überführen (siehe Abb. 62 und Abb. 65) .


Abb. 67 Schablone, fragmentiertes Newtonspektrum und Restituierungsbild von Objekt #1

Zurück zu Schattenstab #11 und #14. Stab #11 ist formal dem Stab #3 vollkommen gleich, materiell aber verschieden.
1. Ist er ein Schatten- und kein Lichtstab und folge dem auch anders gebettet, d.h. Licht gebettet;
2. Ist er formal mit Stab #3 koordiniert aber durch seine abwechselnd bunten und unbunten Werte von diesem differenziert, in dem nur bunte Werte enthalten sind.
3. Ist er aufgrund seiner materiellen Struktur von B-U-B-U-B-U-B, d.h. auch auf der Ebene des Gegensatzes von bunt und unbunt mit Stab #2 koordiniert, von diesem aber differenziert, da in ihm zwei unbunte Werte enthalten sind: Schwarz und Weiß.
4. Ist er als Antwort auf Stab #2 konzipiert, in dem 4 rote Felder in einer weißen Figur dieselbe unterbrechen, in Stab #11 aber 4 grüne Felder (und wohlmerklich ein weißes Feld) den schwarzen Stab segmentieren. In diesem Sinne koordiniert sich
Stab #11 formal mit Stab #3, materiell aber mit Stab #2, welche die beiden ersten Stäbe der Objektfolge #2 - #9 darstellen.
5. Da Stab #14 (Abb. 61) wie Stab #2 von 4 roten Feldern unterbrochen wird, sich formal mit Stab #11 koordiniert, leitet er zu Stab #11 wie zu Stab #2 zurück, wodurch sich im Ganzen der Objektgruppen eine Art Schleife ergibt. Zwischen beide Stäben (#11 und #14) schieben sich noch zwei weitere Stäbe ( #12 und #13), verändert strukturiert:

(10)  Stab #12 (Abb. 68) wiederholt  formal die Struktur der Lichtstäbe #6 - #9: x-y-z-w-z-y-x, ist aber materiell von diesen schon auf der Ebene des Helldunkels differenziert. Dies geben seine auf dem relativen Gegensatz von heller und dunkler  aufgebauten Strukturbilder zu erkennen. Nachvor (a-b-c-d-e-f-g)  H-D-H-H-D-D-H wie zurück (g-f-e-d-c-b-a) H-D-H-H-D-D-H sind sie von diesen ihren beiden Bildern nach D-H-D-H-D-H-D und H-D-H-D-H-D-H differenziert. Stab #12 fehlt das regelmäßige Wechselbild.

                 
Abb. 68 Schattenstab #12                                                      Abb. 69 Struktur der ineinander verzahnten Komplementärpaare

Dagegen werden in ihm komplementäre Buntwerte (M/G und R/C) speziell organisiert: K-L-K*-L*-K*-L-K, wobei sowohl „K
und „K*“ wie „L“ und „L*“ komplementäre Werte zueinander angeben. Kurz gesagt, er baut einen neuen Gegensatz in der Abfolge seiner Glieder auf (Abb. 69). So unterscheidet Stab #12 sich vom Aufbau der Struktur der Objektfolge #6 - #8, in der lediglich in den Rand- und Zentralfarben ein komplementäres Verhältnis vorliegt. Durch diesen neu etablierten Gegensatz hebt sich die Tripelstruktur im Zentrum des Stabes noch deutlicher hervor: M-R-G-C-G-R-M. Denn insgesamt drückt sich in
ihm Verwandtschaft in je den 2 Feldern der Peripherie und in den 3 Feldern des Zentrums aus als auch ein Gegensatz zwischen den 3 Feldern der Zentrums und den 4 Feldern der Peripherie. Stab #12 verweist seiner Struktur nach formal auf
die 2. Objektfolge #6 - #9, entgegnet dieser aber mit einem gesteigerten Komplementärkontrast.

(11)  Schattenstab #13 (Abb. 70) stellt nun hinsichtlich aller bisherigen Stäbe eine Ausnahme dar. In ihm finden sich sowohl die Farben des Newtonspektrums (in Feld a oder Zeile 1) in der Gestalt eines Streubildes (d.h. ungebündelt) als auch einfache und zusammengesetzte Farben aus dem Goethespektrum in der Gestalt eines Sammelbildes (d.h. gebündelt). Stab #13 versammelt Streu- und Sammelbild in ein Bild.


Abb. 70 Schattenstab #13

Er zeigt im obersten Feld 4 Farben (von rechts nach links): Rot, Gelb, Grün und Blau im kontinuierlichen Übergang. Die materielle Struktur des Stabes lässt sich wie folgt notieren: BGYR-B-Y-C-Y-B-R. Blendet man die ersten Farben BGY der ersten Zeile aus, so ergibt sich die Folge: R-B-Y-C-Y-B-R, welche sich der formalen Struktur nach mit Stab #12: x-y-z-w-z-y-x identifiziert.

Es war beabsichtigt, die Farben des Newtonspektrums im Blick durch das Prisma mit den Farben aus dem Goethespektrum vergleichen zu können. Blau wird dem Eindruck nach gebildet, indem Cyan und Magenta im Sammelbild zusammen finden und Rot wird dem Eindruck nach gebildet, indem Gelb und Magenta sich im Sammelbild zur Deckung bringen. So ließ sich das Blau und Rot aus dem Streubild mit dem Blauund Rot aus dem Sammelbild vergleichen.


Abb. 71 vollständige Gegenüberstellung der virtuellen und reellen Bilder der Objektfolge #11 - #14

Ein Vergleich der formalen Strukturen der Schattenstäbe  #11 - #14 (Abb. 72) ergibt die Gleichheit der beiden äußeren wie inneren Stäbe; dabei wird von der eben geschilderten Variante in Stab #13 abstrahiert (Variable x an Stelle a wurde deshalb in Grau notiert).

           
Abb. 72 Strukturbild der Stäbe #11 - #14                Abb. 73 Farbwiederholung und Farbinvertierung der Objektfolge #11 - #14

Abb. 73 zeigt die Struktur der Farbwiederholungen und Farbumkehrungen der 3. Objektgruppe, um alle Verlaufsstrukturen anzugeben.

Ein Vergleich aller formaler Strukturen (Abb. 74) zeigt die strukturellen Imitationen der dritten Objektgruppe in Bezug auf die beiden ersten Objektgruppen. Sie imitieren zwei in den beiden anderen Objektgruppen bereits bestehende formale Strukturen. Ihre Innovation (in Absehung von ihrer prozessualen Inversion) liegt in der Erweiterung materiell erfüllter Strukturen: in Bezug auf die unbunten Kontrahenten Schwarz und Weiß, in Bezug auf Farbverwandtschaft und farbkomplementärem Gegensatz und auf der Ebene der Unterscheidung zwischen Streu- und Sammelbild.


Abb. 74 formale Strukturbilder aller Objektgruppen, Kennzeichnung der strukturellen Imitation (unterste Zeile)

Damit verdeutlichen sich Ähnlichkeit und Verschiedenheit, Imitation, Variation und Innovation in den Objektfolgen. Die 1.Untergruppe (Objektfolge #2 - #5) rundet die Serie der Stäbe gegenbildlich ab, die 2. Untergruppe (Objektfolge #6 - #9) figuriert eine dynamischen Struktur, die 3. Untergruppe (Objektfolge # 11 - #14) antwortet und entgegnet frei. Sie koordiniert sich formal (Abb. 73), aber deordiniert sich prozessual, d.h., weicht von der normalen experimentellen Demonstrationsform, wie sie den beiden anderen Objektgruppen eigen ist, ab.


Abb. 75 materielle Strukturbilder der Stäbe #1 - #14

Dem experimentellen Vorgang nach sind sie komplementär organisiert, der Form wie Materie nach sind sie auf verschiedenen Ebenen differenziert. Anfang (Stab #2) und Ende (Stab #14) sind vergleichbar materiell organisiert, wie sich am materiellen Strukturbild aller Stäbe erkennen lässt (Abb. 75). Ihrer Ähnlichkeit nach leitet Stab #14 auf Stab #2 zurück. Die Schablone von Stab #14 war ursprünglich nicht dafür konzipiert. Sie hätte die Folge G-B-Y-R-Y-B-G ergeben sollen und wäre der Form nach dem Strukturbild von Stab #13 gleich: x-y-z-w-z-y-x. Im Aufbau wurde das Goethespektrum durch Verschieben des Projektors verändert fragmentiert. Der seriellen Bildgestalt wurde so Zeitpfeil (Fortschritt) und Zeitkreis (Zyklus) eingefügt.
  
             
Zusammenfassung                                                                                                                                                               back        top 

1   Objektfolge #2 - #5

Stab #2  
[R-W-R-W-R-W-R] etabliert den Gegensatz zwischen bunt und unbunt, Buntton und Buntpause in einem regelmäßigen Wechselbild: B-U-B-U-B-U-B.

Stab #3
  
[R-B-R-G-R-B-R] antwortet auf diesen Gegensatz, indem er die bunten Leerstellen ausfüllt B-B-B-B-B-B-B. Er imitiert die regelmäßige Grundstruktur von 4 roten Feldern, hebt den in Stab #2 etablierten Gegensatz zwischen Ton und Pause auf (variiert damit die materielle Struktur von Stab #2)und etabliert im seriellen Verbund einen neuen Gegensatz, zwischen unvollständiger und vollständiger Buntfüllung bzw. zwischen unterbrochener und ununterbrochener Buntgliederung. Durch
die Art wie dies geschieht, entstehen dem Bild nach zwei gleiche und ins Auge springende Tripelmuster R-B-R-G-R-B-R,
die durch ein grünes Feld voneinander abliegen.

Stab #4
  
[R-B-R-G-W-G-B] imitiert und variiert die in Stab #3 ins Auge springenden Tripelmuster R-B-R. Die Variation geschieht 1. durch örtliche Verrückung und 2. durch Farbwert Ersetzung: R-B-R-G-W-G-B. Damit etablieren sich zwei weitere Gegensätze im seriellen Verbund der Stäbe: (1) zwischen örtlich verbliebenem und verrücktem Muster und (2) zwischen chromatisch belassenem und verändertem Muster. Es thematisiert sich der Unterschied zwischen formaler und materieller Struktur: der Feldstruktur a-b-c-d-e-f-g, aus der sich die Farben (durch Zuordnung) ihrer Stelle nach fixieren, der Variablenstruktur, die von jedem spezifischen Unterschied der Farben abstrahiert und der Wertestruktur, aus der sich die materielle Organisation der Stäbe ihrem Farbwert, ihrem Buntwert (oder ihrem relativen Helldunkelwert) nach zu erkennen gibt. [Später werden diese Strukturen noch ergänzt von der Verlaufsstruktur, in der Farbwiederholungen und Farbumkehrungen in der Folge der Stäbe ersichtlich sind.]

Stab #5
  
[C-Y-C-M-S-M-G] antwortet auf die in Stab #4 eingehaltene Beschränkung (Restriktion), nur jene Farben [R, G, B, W] zu verwenden oder einzusetzen, die auch in Stab #2 und Stab #3 verwendet wurden, erstens mit einer Erweiterung (Extension): auch solche Farben zu verwenden, die in keinen der bisherigen Stäbe enthalten sind [C, M, Y, S] und zweitens mit einem radikalen Wechsel: alle Farben, die in den beiden Tripelmustern R-B-R und G-W-G enthalten sind, gegenbildlich auszu-tauschen [R-B-R  >>   C-Y-C und G-W-G ® M-S-M]. Damit entwirft sich in den Tripelmustern von Stab #5 ein komplemen-täres Gegenbild zu allen in den Tripelmustern in Stab #4 enthaltenen Farben. Hinsichtlich der der Folge der Tripelmuster tritt bei vollständiger Imitation der formalen Struktur (x-y-x-z-w-z) vollständige Variation (Innovation) ihrer materiellen Struktur
(R-B-R-G-W-G  >>  C-Y-C-M-S-M) in Kraft, die in Stab #4 nur zum Teil und bedingt geschah. Es rundet sich das Prinzip der Variation in den Tripelmustern ab, ergänzt sich aber noch dadurch, dass auch die Farbe im letzten Feld zum vorletzten
F eld ein komplementäres Gegenbild darstellt.

Im seriellen Verbund mit den bisherigen Stäben und in Bezug auf das Newtonspektrum (= reelle Bildebene), etabliert sich
auf der virtuellen Bildebene (dem Restituierungsbild) ein neuer Gegensatz, der für den ganzen Vorgang der Folge typisch ist: der Gegensatz zwischen vollständiger und unvollständiger Lichtaddition der im Spektrum enthaltenen Farben, d.h. der Gegensatz zwischen Weiß (W = R + G + B) und Cyan (C = G + B), Magenta (M = R + B), Gelb (Y = R + G). Die diverse Brechung (bloße Verrückung) der einzelnen Farben R, G, und B ist darin inkludiert, wird vollständig in Stab #3 und Stab #4 und unvollständig in Stab #2 vorgeführt. 


2   Objektfolge #6 - #9

Stab #6  
[B-C-G-Y-G-C-B] etabliert zwei Gegensätze: einen farbkomplementären Gegensatz in Zentrum und Peripherie und den relativen Gegensatz zwischen dunkler und heller im regelmäßigen Wechselbild: D-H-D-H-D-H-D. Das gegenbildliche Prinzip wird nun auf den Stab selbst konzentriert. Der farbkomplementäre Gegensatz in Zentrum und Peripherie (Y / B) bezeichnet zugleich den größten Helldunkelgegensatz innerhalb der Buntfarben, der in den folgenden zwei Stäben schrittweise zum geringsten (M / G) abgebaut wird.

Stab #7  
[C-G-Y-R-Y-G-C] invertiert das regelmäßige Wechselbild D-H-D-H-D-H-D von Stab #6 in H-D-H-D-H-D-H nach einem mehrfachen Variationsprinzip: 1. Durch Aufteilen der Farbtonfolge von Stab #6: B-C-G-Y-G-C-B in die spiegelsymmetrischen Tupel B-C-G-Y und Y-G-C-B. 2. Durch Verschieben der darin enthaltenen Tripel C-G-Y und Y-G-C an die Peripherie
(= Abdrängen, Abschneiden der Peripheriewerte B). 3. Durch Einfügen eines zum neuen Peripheriewert C komplementären Zentrumswert (= R)
.
Stab #8  
[G-Y-R-M-R-Y-G] imitiert das in Stab #7 auf Stab #6 angewandte Variationsprinzip, wendet es an auf Stab #7 und wandelt so das invertierte Wechselbild ins ursprüngliche Wechselbild D-H-D-H-D-H-D zurück. In Zentrum und Peripherie erscheint nun der geringste Helldunkelgegensatz M / G.

Stab #9  
[R-Y-C-W-C-Y-R] variiert (bricht) das Variationsprinzip ohne das ursprüngliche und regelmäßig wechselnde Helldunkelbild zu verlieren: D-H-D-H-D-H-D. Stab #9 hebt den komplementären Gegensatz von Zentrum und Peripherie auf, belässt einen Wert von Stab #8 am gleichen Ort in Stab #9 (Y an den Stellen b und f) und schiebt einen zweiten Wert doppelt nach außen fort (R von c nach a und von e nach g).

In jedem der Stäbe der Objektfolge #6 - #9 findet sowohl isolierte (vereinzelte) Verrückung als auch integrierte (kombinierte) Verrückung der Farben des Newtonspektrums statt oder, anders ausgedrückt: sowohl Farbimitation als auch Farbinnovation ergeben sich im Sammelbild. In keinem der Stäbe wird der eine Vorgang (Imitation) vom anderen Vorgang (Innovation = Variation) separiert. Sie treten gemeinsam stets in Kraft. Dies ergibt einen Unterschied zur Objektfolge #2 - #5.


3   Objektfolge #11 - #14
weicht prozessual von den anderen beiden Folgen ab, genauer zu sagen: ist prozessual invertiert. Der Basis nach werden in ihr keine Lichtstäbe, sondern Schattenstäbe generiert.

Stab #11
[G-S-G-W-G-S-G] imitiert den in Stab #2 etablierten Gegensatz von bunt und unbunt in einem regelmäßigen Wechselbild: B-U-B-U-B-U-B, erweitert (variiert) ihn aber durch Einsatz der unbunten Kontrahenten S und W. Damit formuliert sich eine doppelte Lesbarkeit hinsichtlich von Tripelmustern: (1) G-S-G-W-G-S-G  und (2) G-S-G-W-G-S-G. Im ersten Fall imitiert er im Zentrum (c-d-e) das Tripelmuster G-W-G, das sich (an anderen Stellen: d-e-f) in Stab #4 befindet; im zweiten Fall imitiert er bloß formal die Struktur von Stab #3: x-y-x-z-x-y-x, variiert aber die Wertigkeiten. Er antwortet und entgegnet frei.

Stab #12
[M-R-G-C-G-R-M] imitiert formal die Lichtstäbe #6 - #9 [x-y-z-w-z-y-x] variiert aber das Organisationsprinzip ihrer Werte. Er erweitert die gegenbildlichen Werte der Zahl nach und organisiert diese neu. Er etabliert nicht nur ein farbkomplementäres Paar (wie die Stäbe #5 - #8), sondern zwei farbkomplementäre Paare: M / G und R / C. In der Folge werden diese ineinander verzahnt (oder ein Paar wird ins andere Paar verschränkt), wodurch im Zentrum das den Farbwerten nach verwandte Tripelmuster G-C-G erscheint und an der Peripherie sich die den Farbwerten nach verwandten Paare M-R und R-M zeigen:
M-R-G-C-G-R-M
. Er entgegnet den Lichtstäben #6 - #8 mit einem vermehrten Komplementärkontrast.

Stab #13
[(BGY)R-B-Y-C-Y-B-R] etabliert einen völlig neuen Gegensatz, in dem er Streubild [BGYR] und Sammelbild [-B-Y-C-Y-B-R] in
ein Gemeinschaftsbild vereint. Er antwortet und entgegnet spielerisch auf den bislang streng eingehaltenen prozessualen Gegensatz zwischen Farbzerstreuung und Farbbündelung im reellen und virtuellem Bild.

Stab #14
[R-W-R-S-R-W-R] imitiert das in Stab #11 bereits imitierte regelmäßige Wechselbild von bunt und unbunt B-U-B-U-B-U-B, variiert aber die Position der unbunten Kontrahenten S und W, indem er sie dazu invertiert organisiert. Kurz gesagt: Er ersetzt G durch R, S durch W und W durch S. Außerdem wiederholt er das in Stab #2 [R-W-R-W-R-W-R] aufgebaute rote Rasterbild
R- -R- -R- -R
und leitet damit indirekt zu Stab #2 zurück.

Im Ganzen betrachtet koordinieren sich die Stäbe der Objektfolge #11 - #14 formal mit den anderen Stäben, aber deordinieren sich mit diesen prozessual. In ihnen erscheinen die zum Newtonspektrum gegenbildlichen Werte C, M, Y ungefächert, m. a. W. als Elementarlichter oder Grundfarben, dagegen erscheinen die Werte R, G, B des Newtonspektrums als zusammengesetzte Lichter R = M + Y, G = C + B, B = C + M. Cyan, Magenta und Gelb werden hier dem Eindruck nach ebenso divers refrangiert und verrückt wie die Werte R, G, B in den übrigen Objektfolgen. Kurz: das phänomenologisch konstatierbare Verhalten der Farben wird hier komplett invertiert.

Nach der Umkehr ihres Verhaltens zu urteilen, erscheint die Vereinigung der Farben nicht mehr als Lichtaddition, sondern
als Lichtsubtraktion, nicht als Vermehrung, sondern als Verminderung von Licht. Die Zusammenlegung zweier Farben ergibt keine hellere Farbe (wie bei der Lichtaddition) sondern stets eine dunklere Farbe und die Vereinigung aller Farben ergibt
nicht weißes Licht, sondern überhaupt kein Licht, d.h. Finsternis (C + M + Y = S). Es scheint, als würde das farbige Licht im Sammelbild zu Finsternis subtrahiert. Dem Eindruck nach wird der Schattenstab gleich gebildet wird wie der Lichtstab
(= Bildungsanlogie). Es drängt sich aber die Frage auf, ob er nicht auch genau umgekehrt gebildet wird (= Bildungs-epistrophie), d.h. ob sich die Farben des Goethespektrums in ihm nicht vereinen, sondern sich vollständig zurückziehen (abziehen) ins Licht. Auf welche Art dies genau geschieht, kann hier als offene Frage bestehen bleiben.
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1 Die ältere Literatur benennt diese beiden Typen mit „subjektiver Versuch“ und „objektiver Versuch“. Man spricht von objektiven Versuchen, wenn Licht durch ein Prisma fällt; man spricht von subjektiven Versuchen, wenn man mit dem Auge durch ein Prisma auf einen Gegenstand der Betrachtung blickt. Dass man beide Versuche verbinden oder koppeln, ja zu einem einzigen Versuch verschmelzen kann, zeigten die in der Ausstellung installierten Lichtobjekte.
2 Näheres zum Unterschied zwischen Farbpolaritäten und Komplementärfarben: Ingo Nussbaumer, Zur Farbenlehre, Entdeckung der unordentlichen Spektren, S. 210 ff, Wien 2008